Die wichtigsten Marktplätze in der Schweiz

Die wichtigsten Marktplätze in der Schweiz

Im Abschnitt «Die Marktplatz-Landschaft in der Schweiz» wurden die verschiedenen Marktplatz-Kategorien vorgestellt. Nun sollen die wichtigsten Marktteilnehmer der Marktplatz-Landschaft der Schweiz vorgestellt werden.

  • Der wichtigste B2C-Marktplatz in der Schweiz ist Galaxus, der ein sehr breites Sortiment anbietet, das von Mode über Spielwaren bis zu einzelnen Food-Produkten reicht. Der Marktplätz gehört seit 2015 mehrheitlich der Migros und stellt – über Digitec-Galaxus – eine Verknüpfung von Eigenhandel und Plattform dar. In der Studie «Schweizer E-Commerce Stimmungsbarometer» der Post gaben 78 % der Konsumenten (Schweizer E-Commerce Stimmungsbarometer, 2020) an, dort einzukaufen. Im Pandemie-Jahr 2020 verzeichnete die Plattform, die sich vorher schon sehr dynamisch entwickelte, einen Umsatzschub von +59 % und erreichte einen Umsatz der Plattform von CHF 1.826 Mrd. (Pressemitteilung Digitec-Galaxus, 12.01.2021). Galaxus selbst erzielte dabei einen Umsatz von CHF 561 Mio. Galaxus baut die Zahl der Drittanbieter schrittweise aus, indem das Unternehmen Handelsunternehmen auf den Marktplatz einlädt. Zudem wird das Händlerprogramm aktiv beworbenTarget not accessible.
  • Zalando fokussiert sich auf Schuhe, Bekleidung und Kosmetik. Europaweit hat sich das Unternehmen einen exzellenten Ruf als Spezialist rund um Mode und Lifestyle aufgebaut. Bis 2015 wurden alle Produkte direkt von Zalando verkauft, inzwischen sind sehr viele Modelabels und stationäre Händler als Marktplatzpartner auf Zalando aktiv. Dazu zählen auch grosse und bekannte Modelabels (z. B. Mango), die früher ausschliesslich eigene Vertriebskanäle (Läden und Online-Shop) genutzt haben. 2020 wurden etwas mehr als 2 Millionen Pakete (2019 waren es noch knapp eine halbe Million) durch Teilnehmer von Zalandos Plattformprogramm versendet.
    Wurden bisher die Pakete von Deutschland aus in die Schweiz geschickt, ändert sich dies mit dem «Connected-Retail»-Programm. Es bindet den Schweizer stationären Handel ein, um das Sortiment zu erweitern und lokale Bestände zu nutzen. Nach Angaben von Zalando beteiligen sich über 4’000 Läden in elf europäischen Märkten. Bis Ende 2021 soll die Zahl auf mehr als 6’000 erhöht werden. Dabei positioniert sich das Unternehmen auch in der Kommunikation als «Europas führende Online-Plattform für Mode und Lifestyle». Zalando bietet seinen Marktplatzpartnern zahlreiche Dienstleistungen, sowohl Marketing- als auch Logistikservices (Artikel, Handelsblatt, 02/2019).
    Damit erreichen gerade kleine, lokal verankerte, Händler Millionen von Kunden. Zudem können grosse Modemarken wie C&A ihr Angebot breiter streuen. Im Juli 2021 gab C&A bekannt, dass ausgewählte Produkte nun auch in der Schweiz über die Zalando-Plattform verkauft werden (Artikel, Fashion United, 2021).
  • Scheinbar betreibt Amazon sein Geschäft in der Schweiz aus unterschiedlichen Gründen «mit angezogener Handbremse». Dennoch ist Amazon einer der grössten Online-Händler und Marktplätze in der Schweiz. Zwar sind die genauen Verkaufszahlen von Amazon in der Schweiz nicht bekannt, gemäss Schätzungen dürfte der Umsatz der Plattform 2020 aber ca. CHF 735 Mio. betragen (Carpathia, 2021). Das macht Amazon zur Nr. 4 im Schweizer Online-Handel (nach Digitec, Zalando und Ricardo). Im Vergleich zum Ausland ist der Marktplatz-Anteil am Umsatz von Amazon in der Schweiz deutlich geringer. Da die Einfuhr in die Schweiz für Marktplatzpartner oft zu kompliziert und zu teuer ist, wollen sie in vielen Fällen nicht in die Schweiz exportieren.
  • Die beiden chinesischen B2C-Marktplätze – AliExpress und Wish (mit amerikanischem Hintergrund) – bieten ein breites Sortiment und bieten der Kundschaft Zugang zum Angebot von unzähligen grösseren und kleineren Anbietern vor allem aus China. Aliexpress und Wish sind bei Schweizer Konsumenten vor allem für ihre niedrigen Preise bekannt, aber auch für Produkte, deren Qualität nicht immer überzeugen kann. Beide Unternehmen haben über mehrere Jahre mit zwei- und sogar dreistelligen Wachstumsraten den Markt unmittelbar nach ihrem Markteintritt aufgerollt. Obwohl sich das Wachstum bereits vor der Covid-19-Pandemie etwas abgeflacht hat und der Umsatz 2020 wegen der Probleme in China sogar rückläufig war, ist langfristig wegen der klaren Wettbewerbsvorteile ein weiteres Wachstum zu erwarten. Der Zugang zu chinesischen Anbietern und damit der direkte Weg zu Billigproduzenten ist auch langfristig attraktiv. Ebenso arbeiten die asiatischen Händler an schnelleren Lieferzeiten und bauen im Zuge der «Belt and Road Initiative» die Logistik-Infrastruktur in Europa aus. Alibaba hat beispielsweise einen Logistik-Hub in Belgien aufgebaut. Wish nutzt für die Belieferung Europas ein Lager in Tallin und ein weiteres in Amsterdam. Diese neue Infrastruktur wird auch die Lieferungen in die Schweiz beschleunigen und so den Wettbewerbsvorteil der schnellen Lieferung von Schweizer Händlern reduzieren.
  • Ergänzend zu den etablierten B2C-Marktplätzen existieren es auch einige beachtenswerte neue Projekte.
    – Im Juni 2021 lancierte das Schweizer Warenhaus Manor seinen Marktplatz – dieser soll dabei helfen, das Sortiment mit neuen und bestehenden Marken in verschiedenen Kategorien wie Mode oder Haushalt zu vergrössern. Der Manor-Markplatz soll dabei helfen, die Sortiments- und Kundenbasis zu verbreitern. Zugleich sieht das Unternehmen den Marktplatz als Meilenstein in der digitalen Transformation des Unternehmens. Bis 2024 möchte das Unternehmen seinen Online-Umsatz verfünffachen (Handelszeitung, 2021). Entsprechend dem Charakter eines Warenhauses bietet auch der Marktplatz ein breites Sortiment an, das aber grundsätzlich auf die Warengruppen des stationären Hauses begrenzt zu sein scheint. Auch Globus kündigte 2021 an, dass der bestehenden Online-Shop mit einem Marktplatz ergänzt werden soll (Inside Commerce, 2021).
    – Im Zuge der Covid-19-Pandemie konnten auch einige lokale Marktplatzprojekte beobachtet werden. Der Marktplatz «Genève Avenue» versammelt ca. 100 lokale Geschäfte auf einer Webseite, auf der die Händler ihre Produkte zur Heimlieferung oder Abholung im Laden anbieten. Die Plattform erlaubt auch Sammelbestellungen. Bestellt die Kundschaft bei mehreren Anbietern, wird die Ware in nur einer Sendung geliefert. Initiativen wie «Genève Avenue» bringen Läden zwar Sichtbarkeit – grosse Marktanteile werden dadurch aber vermutlich nicht erzielt werden können.
  • Die meisten C2C-Marktplätze zeichnen sich durch ein breites Sortiment aus; die Kundinnen und Kunden finden zahlreiche Warengruppen vor. Mit Ricardo (über CHF 800 Mio. Umsatz in 2020) und ebay.ch (CHF 245 Mio. in 2020) haben sich seit einigen Jahren grosse Player etabliert. Tutti.ch und Anibis.ch haben sich als Kleinanzeigen-Plattformen anders aufgestellt. Hier geht es eher um die Anbahnung eines Kontakts zwischen Anbieter und Kaufinteressent.
  • Auch bei den C2C-Marktplätzen finden sich Spezialisten. Chrono24 ist ein vertikaler Marktplatz für Uhren. Ein Markt, in dem sich in den vergangenen Jahren ein reger Handel zwischen Privatpersonen entwickelt hat, und in dem auch Fachhändler als Verkäufer auftreten. Eine hohe Bedeutung hat auch die Autoplattform Autoscout24.
  • Mercateo ist als B2B-Marktplatz auch in der Schweiz aktiv und bietet eine grosse Auswahl an B2B-Produkten. Im Grunde handelt es sich um eine Beschaffungsplattform, mit der v.a. Industrieunternehmen Lieferanten effizient an das eigene Unternehmen anbinden können. Das breite Sortiment reicht von Büro- über Medizinbedarf bis zu Werkzeugtechnik und Produkte für das Gastronomiegewerbe.

Diese Liste ist nicht vollständig: Immer mehr Online-Shops lassen auch Drittanbieter zu, und entwickeln sich so zumindest teilweise zu Marktplätzen. Unternehmen wie Sport-Scheck, Conrad (B2B), Westwing und Farmy haben ebenfalls zumindest partiell Marktplatzcharakter.

Differenzierung als Erfolgsfaktor für Marktplätze

Es erscheint sicher, dass der Marktanteil der grossen, horizontalen Marktplätze in den kommenden Jahren wachsen wird. Dies wird auf Kosten des übrigen Online-Handels gehen.

Wie bei anderen Unternehmen stellt sich somit die Frage nach der Differenzierung – wie kann sich ein horizontaler Marktplatz von anderen horizontalen Marktplätzen abgrenzen? Gelingt dies nicht, gibt es aus Sicht der Kundschaft letztlich keinen Grund für mehrere Anbieter. Der Satz «The winner takes it all» könnte also Realität werden.

Sicher scheint, dass die grossen ausländischen horizontalen Marktplätze Amazon (als Weltmarktführer) und Aliexpress auch dauerhaft im Markt bleiben. Die Unternehmen sind Online-Giganten und besitzen mit den vielen Anbietern, der guten Serviceleistungen und dem breiten Angebot eine einzigartige Stellung.

Mit Galaxus ist ein horizontaler Marktplatz aus der Schweiz sehr erfolgreich. Er differenziert sich ebenfalls klar im Markt und nutzt nicht nur den Zugang zu Schweizer Anbietern, sondern auch die aufgebaute Community sehr gut, um sich weiterzuentwickeln.

Es scheint zweifelhaft, ob neben Galaxus in der Schweiz noch Platz für einen weiteren, breit orientierten Marktplatz ist. Aus Sicht der Schweizer Detailhändler, die über Marktplätze online verkaufen wollen, kann sich das langfristig zum Problem entwickeln, weil Abhängigkeiten entstehen. Eine Alternative zu haben, wäre wünschenswert.

Damit bleibt Platz für Spezialisten; vertikale Marktplätze mit einem klaren Branchenfokus, wie sie z. B. im Bereich Kosmetik und Uhren bereits bestehen. Es scheint sicher, dass sich in vielen Branchen solche Marktplätze entwickeln, die Kompetenz in einer einzelnen Branche zeigen können. Damit haben auch diese ein klares Profil und eine Existenzberechtigung.

Zu diesen vertikalen Marktplätzen mit sehr engem oder etwas breiterem Sortiment dürften zunehmend auch solche gehören, die aus den Online-Shops von Detailhändlern entstehen, die ihr Sortiment um komplementäre Produkte oder den «Long-Tail» erweitern wollen. Mit Douglas, Zalando und Manor gibt es bereits erste Beispiele; weitere werden sicher folgen.

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