Schweizer E-Food-Markt und Player

Essensbestellung auf dem Smartphone

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Blogserie Teil 2 Schweizer E-Food-Markt und Player

Publiziert am 13.10.2022 von Dr. Matthias Schu, E-Food-Experte und Autor

Im Vergleich zum europäischen Umland weist der Schweizer Markt für E-Food hinsichtlich Marktvolumen und präferierten Geschäftsmodellen einige Besonderheiten auf. Diese wird der vorliegende Blogbeitrag näher beleuchten.

Ein bunter Modellmix dominiert Europa

Auch in der Schweiz bestehen innerhalb des heutigen E-Food-Universums bereits eine Vielzahl von Segmenten und Businessmodellen, mit denen sowohl Startups als auch die etablierten Omnichannel-Ketten den Markt bespielen. Doch lassen sich die generell vorherrschenden Konzepte 1:1 in die Schweizer Handels- und Startup-Landschaft übertragen? Die folgende Abbildung gibt einen generellen Überblick über das weite Feld des Lebensmittel-Onlinehandels, charakterisiert nach den dortigen Hauptsegmenten. Es muss jedoch angemerkt werden, dass diese ideal-typische Abgrenzung in der Unternehmenspraxis nicht immer ganz trennscharf ist und auch Mischformen zwischen den Segmenten existieren.

Abbildung 01: Generelle Modelle im Online-Lebensmittelhandel
Abbildung 01: Generelle Modelle im Online-Lebensmittelhandel

Ein gutes Beispiel hierfür ist die beginnende Vermischung zwischen den Segmenten Quick Commerce und Restaurant Delivery, die im Markt zu beobachten ist. So liefert bspw. die zu Delivery Hero gehörende Brand Foodpanda neben Restaurantbestellungen auch Lebensmittel aus.

Das aus Barcelona stammende Startup Glovo geht einen ähnlichen Weg. Neben dem angebotenen Sortiment sowie dessen Breite und Tiefe unterscheiden sich die Segmente und Player im Online-Lebensmittelhandel hinsichtlich der Bedarfssituation, die bei der Kundin bzw. beim Kunden adressiert wird. Und damit auch hinsichtlich der Liefergeschwindigkeit und des praktizierten Ausliefermodells. Die Form des Fulfillment (eigene Läger oder Dark Stores vs. Store Picking vs. «Asset-Light») stellt ein weiteres Kriterium dar, das die verschiedenen Segmente voneinander differenziert. Einen plattformmodellartigen Asset-Light-Ansatz, bei dem Lagerung und Kommissionierung in den Läden von Partnerhändlern stattfinden, wie dies Instacart oder die deutschen Startups Bringman und bringoo praktizieren, hat sich im DACH-Raum jedoch bisher noch nicht breit durchgesetzt.

E-Food Schweiz – die primären E-Food-Betriebstypen finden sich auch hier

In den allermeisten Fällen gehen die heutigen Multi- und Omnichannelhändler auf traditionelle Detailhändler zurück, die einen Onlinekanal – sowohl unabhängig vom Picking-Modell als auch der Zustellform – als zweites Standbein etabliert und damit den Sprung in die E-Commerce-Welt vollzogen haben. Während Online-Pure-Player mit allen Vor- und Nachteilen lediglich einen Kanal bespielen, haben stationäre Händler durch eine Kanalerweiterung die Möglichkeit, bei der Kundschaft die Vorteile von Multi- und Omnichannel-Strategien auszuspielen. Sie können so, bspw. durch Anbieten von regionalen Produkten, auch zusätzlichen Mehrwert und eine höhere Bindung generieren. Jedoch ist anzumerken, dass die meisten Händler immer noch dem Bereich Multichannel zuzuordnen sind. Eine aus Kundensicht nahtlose Verknüpfung der Kanäle findet heutzutage bei den allerwenigsten Händlern systematisch statt. Diesem Segment zuzuordnen sind in der Schweiz myMigros, Migros Online, Coop.ch sowie die Onlineshops von Aldi Now und Volg.

Abbildung 02: Generelle Modelle im Online-Lebensmittelhandel
Abbildung 02: Generelle Modelle im Online-Lebensmittelhandel

Dem Modell «Farm-to-Plate», oder eben «Vom Acker auf den Teller» ist das Schweizer Startup Farmy zuzuordnen. Dieses fokussiert als viertgrösster Player im Schweizer Online-Lebensmittelhandel primär auf Bio und auf von schweizerischen Produzenten regional produzierte Produkte.

Quick Commerce, also die Lieferung von Lebensmitteln innerhalb von 60 Minuten, ist in der Schweiz bisher ein Randphänomen ohne nennenswerte Relevanz oder Marktanteile. Hauptgrund dafür sind die vergleichsweise hohen Lohnkostenanteile pro Bestellung bei der Auslieferung und die auf der letzten Meile meist durch Einzelfahrten zur Kundin bzw. zum Kunden fehlenden Economies of Scale. An diesem Konzept versuchen sich derzeit Stash, Avec Now sowie Hey Migrolino.

Im «Restaurant Delivery»-Sektor mit Fokus auf die Auslieferung von zubereiteten Mahlzeiten tummeln sich in der Schweiz das zur Migros gehörende Startup FoodNow, Platzhirsch Just Eat sowie Uber Eats und dutzende weitere kleine lokale oder regionale Player.

Eine Besonderheit stellt das aus der Westschweiz stammende Startup Smood dar. Neben Restaurant Delivery bietet dieses noch mit einem so genannten «Asset-Light»-Ansatz, ähnlich wie Instacart in den USA, ebenfalls die Lieferung eines begrenzten Lebensmittelsortiments an. Dieses wird vor Ort in teilnehmenden Filialen verschiedener Migros Genossenschaften durch Mitarbeitende von Smood kommissioniert und ausgeliefert.

Marktanteile – wie gross ist der Schweizer E-Food Markt wirklich?

Je nach zugrundeliegender Berechnungsbasis unterscheidet sich das auffindbare Zahlenmaterial für den Schweizer E-Food-Markt stark voneinander. Laut aktuellen Zahlen von Handelsverband, GfK und Schweizerische Post betrug der unbereinigte E-Food-Umsatz im 2021 rund 1,67 Mrd. Franken. Der zugehörige E-Food-Marktanteil am Gesamtmarkt (on- und offline) wurde auf 3,8 Prozent geschätzt. Allerdings wird im Zahlenmaterial auch explizit ausgewiesen, dass dieses nicht abgrenzungsgenau ist und es auch zu Überschneidungen bei der Umsatz-Zuordnung kommen kann.

Abbildung 03: Berechnung des Schweizer Marktvolumens
Abbildung 03: Berechnung des Schweizer Marktvolumens

Um den Schweizer E-Food-Markt zu falsifizieren, wird daher ein TAM-SAM-SOM Modell herangezogen. Dieses besteht aus drei Stufen: dem Gesamtmarkt für Lebensmittel in der Schweiz (TAM), der rund 30 Mrd. Franken beträgt, dem theoretisch adressierbaren Marktanteil für E-Food über alle Player hinweg (SAM, 1,14 Mrd. Franken) sowie dem pro Player tatsächlich erreichbaren Marktanteil für den jeweiligen Player (SOM). In diesem Beitrag wird der Marktanteil nicht für einzelne Player ermittelt. Er wird aber für die relevantesten Schweizer Firmen einmal zusammengefasst und betrug im 2021 rund 663 Mio. Franken. Damit halten die bekanntesten Schweizer Händler myMigros, Migros online, Coop, Farmy, Stash, Aldi Now, Smood und Volg im Serviceable Addressable Market einen Marktanteil von rund 58 Prozent.

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