Online-Marktplätze in der Schweiz

Online-Marktplätze Online-Marktplätze in der Schweiz

Publiziert am 22.01.2020 von Alexis Chappatte, Digital Commerce Consultant, Post CH AG

Marktplätze dominieren viele nationale E-Commerce-Märkte. Zu den stärksten Playern zählen Amazon in den USA und weiten Teilen Europas, Alibaba in China oder Rakuten in Japan. In der Schweiz ist der Markt deutlich fragmentierter. Woran liegt das? Und welches sind die wichtigsten Marktplätze in der Schweiz?

In China hat die Alibaba Group (Taobao, Tmall) im Jahr 2018 einen Anteil von 56 Prozent am B2C-E-Commerce-Markt erzielt. Amazon erreicht bereits 50 Prozent in den USA, Deutschland und auch in Frankreich. Die Schweiz kennt keine solche Dominanz. Addiert man die Marktanteile der drei nationalen Amazon-Marktplätze, auf denen Schweizer Konsumenten einkaufen – amazon.de, amazon.fr und amazon.it –, so ergibt sich ein Gesamtmarktanteil von 8 Prozent im Jahr 2018.

Für diese Fragmentierung gibt es verschiedene Gründe. Die Schweiz ist für internationale Akteure ein weniger interessanter Markt, weil er kleiner und aufgrund von Zollgebühren und Mehrsprachigkeit komplizierter zu erschliessen ist. Amazon hat in der Schweiz, anders als in vielen europäischen Ländern, in denen das Unternehmen seit Ende der 1990er-Jahre präsent ist, keine Pionierrolle im Onlinehandel übernommen. Diese Rolle haben eine Reihe starker lokaler Akteure gespielt: Digitec, Brack, Microspot, Ricardo und LeShop.

Obwohl das Marktplatzmodell aktuell in der Schweiz weniger dominant ist als in den Nachbarländern, gewinnt es doch zunehmend an Bedeutung. Es existieren vier Hauptformen, die ich in der Reihenfolge ihrer jeweiligen Beliebtheit bei den Schweizer Konsumenten im Jahr 2019 vorstellen möchte.

C2C-Plattformen, immer noch sehr beliebt

Der beliebteste Marktplatz in der Schweiz ist ricardo.ch (80 Prozent der Konsumenten nennen ihn). Zusammen mit tutti.ch (52 Prozent), ebay.ch (49 Prozent) und anibis.ch (40 Prozent) sind dies Plattformen, die primär dem Handel zwischen Privatpersonen dienen (C2C). Sie sind zwar populär, verfügen aber nur über einen begrenzten Marktanteil im B2C-E-Commerce in der Schweiz (Schätzung < 5 Prozent). In einigen Produktkategorien, wie zum Beispiel Autos (auto.ricardo.ch und autoscout24.ch), sind sie jedoch ein Muss. Die Veröffentlichung von Anzeigen ist kostenlos, Werbemassnahmen sind jedoch kostenpflichtig. Während tutti.ch und anibis.ch keine Kommission verlangen, nimmt Ricardo 9 Prozent des Verkaufsbetrags und ebay.ch zwischen 5 und 9 Prozent.

Die grossen europäischen Player, die zunehmend präsent sind

Auf Platz 2 bei der Nutzung durch die Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten liegen die grossen europäischen Akteure Amazon (76 Prozent) und Zalando (63 Prozent). Mit einem Umsatz von 785 Millionen Schweizer Franken ist Zalando.ch der grösste Onlineshop der Schweiz. Zusammen mit den verschiedenen Amazon-Sites (.de, .fr, .it) wachsen diese Hauptakteure jährlich um etwa 10 Prozent und kennen sehr hohe Online-Besucherzahlen. Für Schweizer Einzelhändler kann es daher sehr interessant sein, Produkte dort anzubieten. Strategisch geht es hier mehr darum, die eigene Sichtbarkeit zu erhöhen, als darum, einen wichtigen neuen Vertriebskanal zu entwickeln. Zalando verrechnet seinen Drittpartnern eine Provision zwischen 5 und 25 Prozent des Verkaufspreises, die entsprechend den Produkten und dem tatsächlichen Vertrag mit der Plattform variiert. Bei Amazon beträgt sie je nach Produkt zwischen 7 und 15 Prozent.

Die Schweizer Marktplätze im Wandel

67 Prozent der Konsumenten geben an, bei der Plattform Digitec Galaxus zu kaufen, die sich im Besitz der Migros befindet. Mit einem kumulierten Umsatz von 950 Millionen Franken im Jahr 2018 ist dies der einzige wichtige Marktplatz mit Sitz in der Schweiz. Coop andererseits setzt bei microspot.ch auf einen allgemeinen Marktplatz (242 Millionen Franken Umsatz im Jahr 2018), nachdem Siroop 2018 gescheitert ist.

Digitec Galaxus verlangt je nach Produkt zwischen 7 und 20 Prozent Provision auf die Verkäufe. In beiden Fällen handelt es sich jedoch, anders als bei Amazon, um selektive Marktplätze, d. h., die Anbieter entscheiden aktiv darüber, wer auf dem Marktplatz verkaufen darf.

Microspot hat kürzlich dem ersten Anbieter ausserhalb der Coop-Gruppe, Orell Füssli, den Zugang zum Onlineshop eröffnet. Digitec Galaxus hat bereits eine Handvoll ausgewählter Drittanbieter im Sortiment. Auch wenn diese beiden Marktplätze derzeit restriktiv und damit für Schweizer Einzelhändler eher unattraktiv sind, so ist doch sicher, dass sie angesichts der jüngsten Entwicklungen irgendwann zum «Schweizer Amazon» werden. Durch die Dominanz der jeweiligen Eigentümer im stationären Einzelhandel dürfte ihre Bedeutung auch online wachsen.

Das verrückte Wachstum der chinesischen Plattformen

Die chinesischen Marktplätze Wish und AliExpress werden von 40 Prozent bzw. 35 Prozent der Verbraucher genannt. Beide erlebten 2018 ein nahezu unfassbares Umsatzwachstum: +170 Prozent für AliExpress.com und +154 Prozent für Wish. Beide Plattformen stehen jedem Händler offen und verlangen eine Provision pro Verkauf von durchschnittlich 8 Prozent für AliExpress und 15 Prozent für Wish. Gemäss unserer Umfrage verkauft nur eine sehr geringe Anzahl von Händlern mit Sitz in der Schweiz ihre Produkte dort. Konkret ist ihre Attraktivität für Schweizer Händler aus Kosten- und Margengründen begrenzt. Bei der überwältigenden Mehrheit der Verkäufer auf diesen Plattformen handelt es sich entweder um Produzenten mit Sitz in China oder um Händler, die darüber Dropshipping betreiben.

Alexis Chappatte, Digital Commerce Consultant, Post CH AG

Alexis Chappatte verfügt über langjährige Erfahrung in der Beratung und Umsetzung digitaler Transformationsprojekte für Kunden von KMU bis hin zur öffentlichen Verwaltung. Er hilft ihnen dabei, eine nachhaltige digitale Strategie zu entwickeln, die die neuen Konsumgewohnheiten und Erwartungen ihrer Endkunden berücksichtigt.

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