Was machen gute Kundenbindungsprogramme aus?

Mann am Laptop mit darüberliegenden Touch-Screen-Symbolen

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Loyaltyprogramme Was machen gute Kundenbindungsprogramme aus?

Publiziert am 07.11.2023 von Michael Bietenhader, Geschäftsführer MilesAhead AG

Beliebt, beliebter, Kundenbindungsprogramme! Loyaltyprogramme sind nicht nur im Handel, sondern vermehrt auch in anderen Branchen kaum mehr wegzudenken. Was macht gute Kundenbindungsprogramme aus? Michael Bietenhader, Inhaber und Geschäftsführer des Beratungsunternehmens MilesAhead AG, sagt, worauf es ankommt.

Was macht ein gutes Kundenbindungsprogramm aus?

Aus meiner langjährigen Erfahrung bei Kundenbindungsprogrammen sehe ich vor allem zwei wichtige Punkte, die ein gutes Kundenbindungsprogramm ausmachen: eine attraktive Value Proposition und gutes Customer Engagement, denn es bringt nichts, eine attraktive Value Proposition zu haben, die keine Kundin und kein Kunde kennt.

Bei der Value Proposition geht es darum, ein attraktives Vorteilskonzept anzubieten, das zum Unternehmen und dessen Positionierung und Werten passt und für die Zielgruppe relevant ist. Gerade in diesen Punkten überzeugt mich das Treueprogramm von zum Beispiel Jack Wolfskin.

Dabei besteht ein Vorteilskonzept aus harten und weichen Vorteilen, welches die rationale Belohnungs-, aber auch die emotionale Wertschätzungsebene bedient. Denn es geht mehr als «nur» ums Profitieren: Es wird für die Konsumenten immer wichtiger, neben den herkömmlichen finanziellen Vorteilen zusätzliche exklusive Services und Dienstleistungen nutzen zu können.

Am Ende ist ein Kundenbindungsprogramm immer auch ein Tauschhandel: Der Kunde zeigt mir gegenüber Loyalität und teilt mit mir seine Daten, ich als Unternehmen gebe dem Kunden etwas in Form von Belohnung und Wertschätzung zurück. Ganz wichtig dabei: Der «Wow-Faktor» wird immer entscheidender, wenn es um Kundenbindung geht.

Dann gibt es noch den zweiten Erfolgsfaktor, nämlich ein gutes Customer Engagement. Dies zeichnet sich dadurch aus, dass die Kommunikation zwischen Kunden und Unternehmen stets ein Dialog ist, kein unidirektionaler Monolog. Ein wichtiges Stichwort hierbei ist «datengetrieben» zu arbeiten, also die Kundendaten konsequent zu erheben und zu analysieren, um diese dann etwa in Form von individuellen Angeboten, Empfehlungen oder massgeschneiderten Marketingmassnahmen umzusetzen. Auch ist eine Segmentierung wichtig, ein One-size-fits-all-Ansatz ist nicht zielführend und auch nicht wirtschaftlich.

Wann machen Kundenbindungsprogramme keinen Sinn? Gibt es (Erfolgs-)Faktoren, von dem Kundenbindungsprogramme abhängig sind?

Reine Onlinehändler müssten sich fragen, ob und wie sie Loyaltyprogramme brauchen, denn Kundenzugang und Kundendaten sind hier bereits vorhanden, was im Unterschied im stationären Handel nicht der Fall ist. Ich würde behaupten, dass sich hier jeder Onlinehändler Gedanken machen muss, ob und wie ein Kundenbindungsprogramm Sinn macht, denn es könnte Alternativen geben, die mindestens genauso gut sind. Vielleicht sind beispielsweise die Verbesserung der Serviceleistung oder datengetriebene Marketing Automation und Personalisierung erfolgversprechendere Ansätze. Wichtig ist auch zu erwähnen, dass die Basisleistung stimmen muss. Habe ich als Onlinehändler meine Prozesse nicht im Griff oder ist mein Angebot nicht kompetitiv, wird auch ein Loyaltyprogramm nicht zum Erfolg führen.

Und ganz wichtig: Auch wenn die technologische Seite eines Kundenbindungsprogramms vorhanden ist, ist eine Implementierung nur dann ratsam, wenn auch die personellen Ressourcen vorhanden sind, denn dafür braucht es viel Know-how und gut qualifiziertes Personal, das diese Programme bedienen. Je nach Konstellation kann dies in einem KMU schwieriger werden, was vor allem der Grösse geschuldet ist.

Seit einigen Jahren zeigt der Trend in Richtung von Marktplätzen. Welche Chancen und Herausforderungen sind damit für Onlinehändler beim Kundenbindungsprogramm verbunden?

Längst habe nicht alle Händlerinnen und Händler Loyaltyprogramme, viele beschäftigen sich aber zunehmend damit. Auf Marktplätzen haben Händler den Vorteil, dass sie z. B. aktiv Marketingkampagnen umsetzen können, der Nachteil ist jedoch, dass Händler und Hersteller keinen Zugriff auf Marktplatzdaten erhalten. Was ich spannend finde, sind Ansätze wie jene des Unternehmens «Snipp». Mit dem Handy scannt man den Kassenzettel eines Produktes von einer Herstellerin und bekommt so Punkte gutgeschrieben oder erhält einen anderen Benefit. Der Händler oder Hersteller integriert diese Lösung in sein Loyaltyprogramm und kommt so an die Daten der Marktplatzkunden.

Wo steht die Schweiz bezüglich Kundenbindungsprogramme im internationalen Vergleich?

In der Schweiz ist das Thema angekommen. Viele Unternehmen lancieren neue Programme oder überarbeiten ihre bestehenden, um diese attraktiver zu machen. So haben wir einige Programme, v. a. Coop Supercard und Migros Cumulus, aber auch ein Helsana+ oder CSS active365, die international vorne mit dabei sind. Dann haben wir auch die Programme der internationalen Player wie Ikea, H&M, Lidl, Miles & More usw., die aber i. d. R. aus den Konzernzentralen im Ausland gesteuert werden. Darüber hinaus weist die grosse Masse der Programme in der Schweiz aber noch deutliche Optimierungspotentiale auf. Das liegt vor allem daran, dass viele Unternehmen in der Schweiz zu wenig Ressourcen für dieses Thema zur Verfügung haben. Ein Programm professionell zu betreiben wird dadurch schwierig.

Im europäischen Vergleich stehen wir einigermassen gut da, der europäische Markt entwickelt sich aber gerade auch schnell weiter. Wenn ich bspw. an England oder Deutschland denke, da tut sich seit einigen Jahren einiges.

Insgesamt würde ich sagen, dass wir gegenüber den führenden Loyalty-Märkten wie USA, Kanada, Australien sowie einigen Ländern im asiatischen Raum zurückliegen.

Hat sich der Anspruch an Kundenbindungsprogramme nach der Coronapandemie händler-, aber auch konsumentenseitig geändert? Falls ja, wie?

Das ist schwierig zu beantworten, da ich nicht sicher bin, ob eine Veränderung auf die Coronapandemie zurückzuführen ist. Was wir aber schon gemerkt haben, ist, dass die Nutzungshäufigkeit vieler Loyaltyprogramme zugenommen hat und eine verstärkte Nachfrage nach digitaler Nutzung, insbesondere mobilen Apps besteht.

Einige Programme konnten in der Corona-Zeit auch punkten bei den Mitgliedern, indem sie ihnen zur Seite standen, sei es mit Informationen, aber auch mit Vorteilen. Dies zeigt wiederum, wie wichtig der Kundenzugang sein kann in Krisensituationen.

Auch jetzt in der Wirtschaftskrise zeigt sich, dass Programme genutzt werden – aktuell aber v. a. für Preisvorteile, um die Inflation abzuschwächen – insbesondere im Ausland wie in UK oder DE kann dies beobachtet werden. Einige grössere Programme haben ausgedehnte Rabattprogramme für Member lanciert – teilweise auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmte Rabatte.

Was denkst du, was dürfen wir in fünf Jahren bezüglich Kundenbindungsprogramme erwarten?

Ich denke, dass die Bedeutung von Loyaltyprogrammen zunehmen wird, dies belegen auch verschiedene Studien. Auch wird das Maturitätslevel steigen, und Loyaltyprogramme werden von den Unternehmen zunehmend professionalisierter betrieben werden.

Ausserdem ist die Emotionalisierung in der Value Proposition von grosser Bedeutung, d. h. nicht-monetäre Ansätze in Kundenbindungsprogrammen, welche verstärkt die emotionale Ebene der Mitglieder ansprechen und diesen gegenüber Wertschätzung und Anerkennung zeigen, werden wichtiger.

Ich denke, dass auch Partnerschaften essentiell sein können, bei denen gemeinsame Programme umgesetzt werden, um so z. B. die Attraktivität für die Kunden zu steigern, die Kosten zu teilen und auch die kritische Masse schneller zu erreichen.

Man kann auch sagen, dass Kundenbindungsprogramme zunehmend zu einem relevanten Faktor werden, wenn es um die Verbesserung der Customer Experience mit einem Unternehmen geht. Die Unternehmen machen sich vermehrt Gedanken darüber, wie sie ihre Kunden mit Hilfe des Loyaltyprogramms und der daraus resultierenden Kundendaten unterstützen können. Ziel ist es, durch Verbesserung des Kundenerlebnisses die Zufriedenheit der Mitglieder zu erhöhen und deren Loyalität zu steigern.

Michael Bietenhader, Inhaber und Geschäftsführer MilesAhead AG

«Nach 15 Jahren in verschiedenen Managementpositionen im Handel habe ich mich dazu entschieden, mein eigenes Unternehmen zu gründen und mein über die Jahre erworbenes Wissen weiterzugeben, damit meine Kunden ihrer Konkurrenz stets den entscheidenden Schritt voraus sind.»

Portrait Michael Bietenhader

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