Was erwartet den Handel im 2021?

Die Unwegsamkeiten aufgrund von COVID-19 werden das Einkaufserlebnis im stationären Handel noch lange ins Jahr 2021 hinein negativ beeinflussen. Profiteur dieser Umstände ist der Onlinehandel. 2021 kommt es im Detailhandel zu einer verstärkten Marktkonsolidierung. Zu den Gewinnern werden digitale Handelsplattformen à la brack.ch, galaxus.ch und zalando.ch gehören. Verlieren werden diejenigen Händler, die im Kern weiterhin stationär denken und handeln. Filialnetze müssen weiterhin ausgedünnt und Retailflächen insgesamt reduziert werden. Für einige Händler, die bereits vor COVID-19 knapp an der Gewinnschwelle operierten, wird 2021 das Ende bedeuten. Das Wachstum ausländischer Onlinehändler wie Amazon, Zalando und beispielsweise About You, wird dasjenige der hiesigen, inländischen Konkurrenz auch 2021 deutlich überflügeln.

Matthias Bucheli, Leiter Competence Center Digital Commerce,
Post CH AG
www.post.ch/digitalcommerce

2021 befinden sich viele Händler zunehmend in der «zweiten» digitalen Transformation, weg vom Desktop, hinein ins meist mobile Interface. Den E-Commerce-Händlern, die mit dem Desktop gross geworden sind, wird das genauso schwerfallen wie den stationären Händlern, die bisher die Digitalisierung verschlafen haben. Der Desktop ist ab 2021 das, was 2010−2020 die stationäre Einkaufsstrasse war − ein Konzept mit Enddatum. Zunehmend neue Händler treten in den Markt ein, und Personalisierung wird aufgrund der steigenden Handelsdominanz von WhatsApp & Co. zur Selbstverständlichkeit, während die Desktop-Generation noch am nächsten Grössenfilter arbeitet, den bald keiner mehr braucht.

Alexander Graf, Spryker Systems GmbH, Co-Founder and Co-CEO
https://spryker.com/de/

Das in den letzten Jahren vor sich hin dümpelnde Thema E-Food wurde 2020 durch COVID-19 stark befeuert und wird auch im kommenden Jahr eine der am stärksten wachsenden Branchen sein. Neben E-Food werden auch Themen wie Nachhaltigkeit und Direct-to-Consumer den Handel vermehrt fordern. Der Marktprimus Digitec Galaxus hat bereits erste Massnahmen getroffen und bietet den Kunden auf freiwilliger Basis einen CO2-Ausgleich für jede Bestellung an. Diese Kompensation wird heute von 10 Prozent der Kundschaft getätigt, bei der Altersgruppe unter 20 Jahren sind es bereits 16 Prozent. Hersteller werden auch 2021 neue, direkte Verkaufskanäle eröffnen, um vermehrt die Nähe zu den Kunden zu fördern. Diese Entwicklung wird den Handel massgeblich verändern und die Verhandlungsmacht in Richtung der Hersteller verschieben.

Andreas Wüthrich, Head of Digital Commerce Consulting,
Post CH AG
www.post.ch/digitalcommerce

Angesichts von COVID-19 fällt der Ausblick auf das nächste Jahr schwerer denn je. Eines ist aber ganz sicher: Der Einzelhandel wird nie wieder so sein, wie er vor der Pandemie war. Zweifellos wird er noch digitaler werden, denn Kundinnen und Kunden haben sich nicht erst im Lockdown an Onlineshopping für immer mehr Produktkategorien gewöhnt. Wer online nicht entsprechend präsent ist, wird weiter massiv Marktanteile verlieren. Die Handelskonzepte werden zudem vernetzter, weil sie so Kundinnen und Kunden einen echten Mehrwert bieten können. Das Buzzword «Omnichannel» wird endlich mit Leben gefüllt. Click and Collect und Online-Terminvereinbarungen sind nur zwei Beispiele entsprechender Services, die deutlich an Relevanz gewinnen. Vor allem wird der Einzelhandel aber kundenzentrierter, mit echten Einkaufserlebnissen und Serviceleistungen über das Produkt hinaus.

Dr. Kai Hudetz, Geschäftsführer IFH KÖLN
www.ifhkoeln.de

Die Krise hat den stationären und den digitalen Handel aus der Komfortzone geholt. Was neben allen Trends besonders hängen geblieben ist: Mut zu haben und die Strukturen, Produkte und Geschäftsmodelle vollkommen zu verändern. Die Krise wirkt in zahlreichen Fällen auch 2021 als Trendbeschleuniger: Der E-Commerce wird befeuert, digitale Technologien dienen als Instrument, um mit Konsumenten Kontakt aufzunehmen, bargeldlose und kontaktlose Bezahlverfahren setzen sich mehr und mehr durch, und Local Commerce erlebt einen neuen Aufschwung. Weitere Trends werden sein: Next Safe Service – für mehr Sicherheit im Retail, Circular Fashion – zweites Leben für die Modebranche und Eco-Delivery – die letzte Meile wird nachhaltig.

Markus Peter, Organisator Connecta, Post CH AG
www.post.ch/digitalcommerce

2020 hat den Handel durchgeschüttelt. Während des Lockdowns war der Webshop für viele Unternehmen die einzige Möglichkeit, ihre Produkte zu verkaufen. Für Unternehmen ohne Webshop wurde es eng. Kein Webshop – kein Umsatz! Also stampften viele Unternehmen in kürzester Zeit einen Webshop aus dem Boden und konnten mit dieser Insellösung erste Erfahrungen sammeln. 2021 wird Onlineeinkaufen weiter zulegen. Es braucht Fachwissen und Erfahrung, um den Webshop strategisch weiterzuentwickeln. Aber wo findet man diese Kompetenzen? In der Schweiz gibt es mittlerweile einige Weiterbildungen zu E-Commerce und Onlinehandel, die in Kursen punktuelles Wissen vermitteln. Darüber hinaus bieten Fachhochschulen ganzheitliche Lehrgänge, die mit einem Zertifikat abschliessen. Zu den E-Commerce-Kompetenzen gehören: Shoptechnologie und Evaluationsmethoden, Suchmaschinenmarketing, Onlinewerbung, agile Projektmanagementmethoden, Logistik und ganz besonders DSGVO (CH/EU).

Martina Dalla Vecchia, Professorin an der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW
www.fhnw.ch/digital

Folgende Themen werden den (Online)-Handel 2021 beschäftigen:
Marktplätze: Alle Onlinehändler müssen sich überlegen, wie sie die immer stärkeren Marktplätze nutzen können und gleichzeitig, wie sie sich gegen Marktplätze positionieren können.
Personalisierung: Der Kunde will als Individuum ernst genommen werden. Sei es bei den Werbekanälen, bei den Zustellangeboten oder bei den Zahlungsmöglichkeiten. Die Zeiten von «alles für alle» sind definitiv vorbei.
Anpassungsfähigkeit: Es werden auch 2021 schnelle Entscheide und Anpassungen notwendig sein. Wer nicht schnell reagieren kann, wird verlieren.
Nachhaltigkeit: Das ökologische Bewusstsein einer immer grösseren Kundschaft steigt. Die Erwartungen diesbezüglich an Logistik, Verpackungskonzepte und Ethik steigen.

Paul Walker, Leiter Key Account Management (Fashion, Home & Living), Post CH AG
www.post.ch

Das Jahr 2021 wird zu einem Jahr von «Tipping Points» von stationär zu online bei diversen Non-Food-Anbietern. Die Corona-Phasen 1 und 2 haben online viele bislang «unterschätzte» Produktbereiche in Dimensionen von über 10 Prozent Umsatzanteil am Gesamtmarkt katapultiert. Erst ab diesem Umsatzanteil bekommen neue Denkansätze und Betrachtungsweisen eine Stimme. Möbel, Do-it-yourself, Garten, Sportequipment und Beauty/Gesundheit konnten in einem Masse zulegen, dass nun auch für diese Sortimente Strukturfragen gestellt werden müssen. Als Massstab für die weitere Entwicklung können Händler die Veränderungen im Bereich Heimelektronik oder Fashion als Blaupause nehmen und frühzeitig antizipieren, was auf sie zukommt: Flächen fokussieren/bereinigen, Direct Marketing intensivieren, Personalisierung, exzellente Zustelllogistik usw. sind die entsprechenden Herausforderungen für 2021. Oder einfach: Relevant und sichtbar bleiben für die Zukunft!

Patrick Kessler, Geschäftsführer, Handelsverband Schweiz
www.handelsverband.swiss

Es ist davon auszugehen, dass die Bedeutung von Nachhaltigkeit im Schweizer Onlinehandel weiter zunehmen wird. Onlineshops werden vor allem besser über Nachhaltigkeitsaspekte informieren, den Anteil nachhaltiger Produkte im Sortiment erhöhen und Kunden nachhaltigere Verpackungen anbieten. Beim Versand liegen auch noch Potenziale, die von Onlineshops und Logistikanbietern gemeinsam angegangen werden können. Zudem haben im Jahr 2020 verschiedene Unternehmen Pilotprojekte, Initiativen und neuartige Lösungen lanciert – seien es Same Day Delivery ganz ohne Verpackung, klimaneutraler Einkauf oder Mehrwegverpackungen. Ein Jahr später kann hier ganz nüchtern erste Bilanz gezogen werden. Die Verknüpfung von Nachhaltigkeit mit Customer Experience sehe ich als einen Erfolgsfaktor.

Dr. Thomas Wozniak, Forschungskoordinator und Dozent, Institut für Kommunikation und Marketing IKM der Hochschule Luzern
www.hslu.ch/ikm

2020 hat QoQa und den Mitarbeitern extrem viel Flexibilität abverlangt, um den Anliegen der Menschen gerecht zu werden, der Qommunity weiterhin ein Quäntchen Crazyness zu bieten und gleichzeitig möglichst viele zu unterstützen. Auch wenn sich die Zahlen in diesen turbulenten Zeiten äusserst positiv entwickelt haben, sind wir vor allem stolz, dass es uns gelungen ist, zu Beginn der Gesundheitskrise geeignete und nachhaltige Projekte anzubieten (welQome und DireQt). Gewiss ist, dass der Welt in den nächsten Monaten weitere Veränderungen bevorstehen. Es wird zweifelsohne Bereiche geben, die tiefgreifende Umwälzungen erfordern: so bei den Freizeitgewohnheiten, dem Leben zu Hause und im Büro usw. Der Blick in die Kristllkugel bleibt uns verwehrt, wir werden aber weiterhin unser Bestes geben! An dieser Stelle möchte ich mich bei allen bedanken, die entweder in der Administration, am Schalter oder beim Zustelldienst der Post tätig sind, ohne sie wäre die von uns geleistete Arbeit umsonst. Ich wünsche ihnen nur das Beste für das Jahr 2021!

Pascal Meyer, CEO bei QoQa.ch
www.QoQa.ch

Der Onlinehandel erlebte 2020 einen Boom, der seinesgleichen sucht. Unternehmen ohne Onlinevertriebskanal reagierten im Lockdown kreativ und realisierten innert kürzester Zeit eigene Lösungen. Dies ist eine sehr erfreuliche Entwicklung für den Schweizer Handel. Demgegenüber machten viele neue Konsumenten die Erfahrung, wie einfach und komfortabel Onlineeinkäufe sind. Für sie wird 2021 dieser Komfort zum neuen Standard. Es wird aus meiner Sicht für Lockdown-E-Commerce-Neueinsteiger wichtig sein, ihre Lösungen 2021 weiter auszubauen, um diesen Erwartungen auch gerecht zu werden. Es braucht nachhaltige Lösungen, um die Konsumenten auch nach der zweiten Welle weiter an sich binden zu können. Sicher eine grosse Herausforderung für alle, die 2020 stark gelitten haben, jedoch auch eine Chance, die Digitalisierung zusammen mit ihren Kunden voranzutreiben. Auf ins digitale Jahr 2021!

Michael M. Nussbaumer, Leiter CAS Online Shop and Sales Management, Hochschule Luzern
https://hslu.ch/osm

Produktverfügbarkeit und exzellenter Kundenservice werden 2021 die grossen Treiber für den (Online-)Handel werden. Das Jahr 2020 sah eine enorme Beschleunigung, und «Onlineshopping» wurde zum Trendwort schlechthin für alle Sparten. Dieser unerwartete Sprung hat vielen Firmen schonungslos aufgezeigt, wie fragil Logistik und Customer Service sein können. «Momentan nicht verfügbar» oder «Wir bitten um Geduld, unser Kundenservice ist überlastet» waren Standardantworten, mit denen sich Konsumenten konfrontiert sahen. Konsumenten mögen dies momentan noch halbwegs tolerieren, doch es wird schnell klar werden, dass sich diese Verlagerung zu höherem Onlinekonsum nicht mehr zurückbilden wird. Die neuen Erwartungshaltungen werden sich danach ausrichten. Spieler wie Amazon oder Zalando, die innerhalb von ein bis zwei Tagen liefern können und Konsumenten guten Kundenservice bieten, setzen die neuen Standards. Wie viele andere Plattformen und Firmen zu diesem Level aufschliessen können, wird sehr entscheidend werden.

Samuel Wenger, Head of Direct to Consumer, On AG
www.on-running.com