Nachhaltigkeit Nachhaltigkeit in der Gesellschaft
Spätestens seit Greta Thunberg und den Fridays for Future ging ein Ruck durch die Welt: Nachhaltigkeit kam in der Mitte der Gesellschaft an. Immer mehr Konsumentinnen und Konsumenten erachten sie als wichtiges Kriterium und zahlen Premium-Preise für nachhaltige Produkte. Aber passen Konsum und Nachhaltigkeit zusammen?
Der steigende Trend zum nachhaltigen Konsum und die wachsende Verfügbarkeit nachhaltiger Produktalternativen sind wichtige Schritte in die richtige Richtung. Aber sie bergen auch die Gefahr, uns Konsumentinnen und Konsumenten zu früh von unserer Verantwortung zu entbinden. Die eigentliche Frage ist nämlich: Wie nachhaltig ist nachhaltiger Konsum tatsächlich?
Für die meisten von uns bedeutet Nachhaltigkeit einfach, nachhaltige Produkte zu kaufen. Dabei lassen wir häufig unser allgemeines Konsumlevel ausser Acht. Ein Blick in die Forschung bestätigt, dass in der Nachhaltigkeitsdebatte der Hauptfokus beim Kaufzeitpunkt liegt (vgl. Prothero et al. 2011). Problematisch an dieser eingeschränkten Sichtweise ist, dass Nachhaltigkeit unhinterfragt an Konsum gekoppelt bleibt, während das allgemeine Konsumlevel weiter steigt. Wir konsumieren nach wie vor zu viel und zu schnell. Oftmals ersetzen und/oder entsorgen wir Produkte, obwohl sie noch funktionstüchtig sind. Gründe dafür gibt es viele: technologische Entwicklungen, die Vorgängermodelle scheinbar obsolet machen; gesellschaftliche Veränderungen, die neue Trends hervorbringen (z. B. der Wunsch nach nachhaltigen Produkten); immer kürzer werdende Produktlebenszyklen; Modetrends. Das Ergebnis dieser fortwährenden Konsumorientierung spiegelt sich im stetig steigenden Müllaufkommen wieder. Die Schweiz führt mit 715 Kilogramm Abfall pro Person weltweit die Rangliste beim Siedlungsabfallaufkommen an (Bundesamt für Umwelt BAFU, 2021)
Was heisst Nachhaltigkeit also? Wer nachhaltig leben möchte, sollte bewusst und achtsam mit knappen Ressourcen umgehen. Dabei geht es nicht nur darum, was wir kaufen, sondern auch darum, was nach dem Kauf mit den Produkten passiert. Zum Beispiel: Wie lange nutzen wir ein Produkt und was passiert nach der Nutzung? Auch wenn der Trend zum Recycling in der Schweiz zugenommen hat, haben wir noch viel Luft nach oben. Sprechen wir doch einmal darüber, wie viel wertvolle und knappe Ressourcen bei uns daheim in den Dachböden oder Kellerräumen gehortet werden und darum im Produktionskreislauf fehlen. So liegen laut einer aktuellen Statistik allein in Deutschland mehr als 200 Millionen alte Handys ungenutzt zuhause (Brandt, 2021). Deren Rohstoffe könnten ressourcenschonend rezykliert, anstatt mit katastrophaler Ökobilanz aus der Erde geschürft werden.
Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Zukunft ist die Ausrichtung des Zeitgeists vom nachhaltigen Kauf hin zur nachhaltigen Nutzung (Repair, Reuse, Recycle) unvermeidlich. Einen Weg zurück in eine Welt, in der Nachhaltigkeit kein dringliches Thema ist, gibt es nicht. Vor uns liegen enorm spannende und wegweisende Jahre, sobald es uns gelingt, die richtigen Fragen zu stellen.
Die Connecta Bern wird auch im 2021 aufgrund der aktuellen Lage digital durchgeführt. Die Vielfalt der Digitalisierung, welche die Connecta auszeichnet, wird neben dem Connecta Blog in den Formaten Connecta TV und Connecta Talk aufgegriffen. Hier erfahren Sie mehr: www.post.ch/connecta.
Prothero, A., Dobscha, S., Freund, J., Kilbourne, W. E., Luchs, M. G., Ozanne, L. K. & Thogersen, J. (2011). Sustainable Consumption: Opportunities for Consumer Research and Public Policy. Journal of Public Policy & Marketing, 30(1), S. 31-38.
- Brandt, M. (28. Juni, 2021). Deutsche bunkern fast 200 Millionen Alt-Handys. Zugriff am 5. Juli 2021, von https://de.statista.com/infografik/13203/anzahl-alt-handys-in-deutschen-haushalten/
- Bundesamt für Umwelt BAFU (2021). Abfall und Rohstoffe: Das Wichtigste in Kürze. Zugriff am 5. Juli 2021, von https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/abfall/inkuerze.html
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