Ein Plan für den Einstieg auf Marktplätzen
Die Checkliste dieses Beitrags unterstützt Händler dabei, erfolgreich die ersten Schritte beim Einstieg auf einen Marktplatz zu unternehmen. Grundlage ist eine Business Model Canvas.
- Mögliche Sortimente für Marktplätze und Preisgefüge identifizieren.
- Wettbewerbssituation auf den Marktplätzen analysieren.
- Benötigte Grundlagen schaffen: z. B. Produkttexte, Bilder oder Schnittstellen zu den Marktplätzen.
- Aufgaben und Ressourcen planen, z. B. für Logistik oder den Kundendienst.
- Finanzielle Chancen und Risiken analysieren: Welche Kosten entstehen und mit welchem Bestellvolumen und Margen kann gerechnet werden?
- Detaillierte Planung: Klarheit über das Onboarding wie auch die zu erwartende Entwicklung der Umsätze schaffen.
Viele dieser Punkte lassen sich gut in einem Business Modell Canvas abbilden. Nachfolgend ist ein Beispiel mit Fragen rund um Marktplätze. Die Betrachtung ist keinesfalls abschliessend, hilft allerdings dabei, keine wesentlichen Aspekte zu übersehen.
1. Bereich: Schlüsselpartner
Zentrale Partner sind die Produktlieferanten sowie der Marktplatz selbst. Bezüglich der Lieferanten sollte geprüft werden, ob das Produkt von zahlreichen anderen Händlern, möglicherweise dem Marktplatzbetreiber selbst, vertrieben wird. Dann wird der Preisdruck wahrscheinlich zu hoch sein. Umgekehrt kann es für einen Händler unattraktiv sein, Produkte exklusiv auf dem Marktplatz zu vertreiben, da er dann zu wenig sichtbar ist. Ein mögliches Risiko besteht auch daran, dass die Exklusivität verloren geht, wenn der Einstieg auf dem Marktplatz gelungen ist, weil bald danach auch Konkurrenten auftauchen, um die gleichen Produkte zu verkaufen.
In vielen Fällen werden zusätzliche Partner benötigt, etwa um Schnittstellen zum Marktplatz zu realisieren. Auch das Outsourcing von Aufgaben kann sinnvoll sein, etwa bei Logistik mit Warenlager und Fulfillment.
2. Bereich: Schlüsselaktivitäten
Die Schlüsselaktivitäten bieten einen Überblick über die Aufgaben beim Marktplatzeinstieg und dem Aufbau eines tragfähigen Geschäftsmodells. Die Aufgaben sind individuell und orientieren sich vom digitalen Reifegrad des Unternehmens.
- Die Konkurrenzsituation in den eigenen Sortimenten auf dem Marktplatz analysieren.
- Zusammenstellen des Sortiments für den Marktplatz.
- Entwicklung der Preispolitik unter Berücksichtigung der zu erzielenden Marge und möglicher Preisunterschiede in Abhängigkeit vom Verkaufskanal.
- Analyse der Konditionen der Marktplätze, um Kosten planen zu können.
- Definition der Aufgaben für das Onboarding. Dazu gehört etwa die Umsetzung von Schnittstellen für Produktdaten zum Marktplatz.
- Möglicherweise müssen die Produktdaten erweitert werden.
3. Bereich: Schlüsselressourcen
Der Verkauf über Marktplätze bindet verhältnismässig wenig Ressourcen. Dennoch müssen einige Rahmenbedingungen erfüllt sein, dazu zählen:
- Passende Sortimente, die zur Zielgruppe auf den jeweiligen Markplätzen passen.
- Effiziente Prozesse, um auch eine grössere Zahl Bestellungen zügig zu verarbeiten, oder rasch Anpassungen an den Produktinformationen zu ermöglichen.
- Automatisierung etablieren, damit Prozesse skalierbar und preiswerter werden.
- Logistik-Infrastruktur und Prozesse: Es muss Lagerfläche vorhanden sein und die Bestellungen müssen effizient abgewickelt werden können.
- Viele der gerade genannten Anforderungen setzen oft den Einsatz von Software voraus wie beispielsweise ein ERP-System (Enterprise Resource Planning).
4. Bereich: Werteversprechen
Dieser Punkt ist auch beim Verkauf auf Markplätzen zentral und zugleich schwierig: Was kann der Händler auf der Plattform bieten, was es dort nicht bereits gibt? Letztlich kann der Händler nur das eigene Sortiment und die Preise definieren, aber auch die Verfügbarkeit. Aus diesem Mix – ein gutes Sortiment, schnell verfügbar, zu einem vernünftigen Preis – ergibt sich die Wettbewerbschance. Nach und nach kann ein Händler auch einen guten Ruf (über entsprechende Kundenbewertungen) für Zuverlässigkeit aufbauen, sodass Kunden auf dem Marktplatz vielleicht doch eine gewisse Präferenz für den Händler entwickeln und nicht nur nach dem Produktpreis zwischen den verschiedenen Anbietern entscheiden.
5. Bereich: Kundenbeziehungen
Es ist die Frage zu entscheiden, wie gross die Bedeutung des Marktplatzes in den Vertriebskanälen sein soll. Wird er zum Hauptkanal? Oder nimmt er eher eine unterstützende Funktion ein? Ebenfalls wichtig ist die Frage, welche Zielgruppen adressiert werden sollen. Denn diese unterscheiden sich durchaus zwischen den verschiedenen Marktplätzen.
6. Bereich: Marktkanäle
Je nach Sortiment stehen den Händlern verschiedene Marktplätze zur Verfügung. Es gilt zu klären, welche(r) am besten geeignet ist. Es spielt die Frage eine Rolle, ob ein Engagement auf mehreren Marktplätzen sinnvoll ist, wobei die Analyse des Potenzials wichtig ist. Hierbei sind auch die bereits bestehenden Vertriebskanäle mit einzubeziehen.
7. Bereich: Kundensegmente
Viele Händler sprechen auf Markplätzen eine andere Kundengruppe als auf dem eigenen Shop an. Idealerweise können auf einem Marktplatz Kunden gewonnen werden, die sonst nicht erreicht worden wären.
8. Bereich: Kosten
Verkaufstarif und -gebühren
Jeder Marktplatz verfügt über ein eigenes Preismodell. Neben Einrichtungsgebühren fallen auf internationalen Marktplätzen in der Regel variable Verkaufsgebühren an. Diese sind teilweise in Abhängigkeit der Produktkategorie verschiedenen.
Logistikkosten
Zusätzlich zu den Verkaufsgebühren entstehen Kosten für Lager und Logistik. Eine wichtige Frage ist hier, ob die Logistik selbst übernommen und aufgebaut werden soll, oder aber die Auslagerung an einen Partner in Betracht kommt. Weitere Informationen dazu enthält das Kapitel «Logistik mit Marktplätzen».
Versand- und Retourgebühren
Unabhängig vom Vertriebsweg muss ein Händler die Kosten für den Versand in seine Preise einkalkulieren. In der Schweiz hängen die Versandgebühren vom Versandvolumen, Versandgewicht, Versandart und Versandregion (national / international) ab. Die Marktplätze schreiben meist den Versand und Regelungen für die Retouren vor. Um ihr Qualitätsversprechen gegenüber der Kundschaft einzuhalten, werden beispielsweise die Lieferfristen definiert, die vom Händler eingehalten werden müssen.
Bei den Regelungen zu den Rückgaben sind die Unterschiede teilweise sehr verschiedenen. Retouren müssen aber unbedingt in den Businessplänen berücksichtigt werden, gerade in Segmenten wie Fashion. Denn bei Zalando werden bis zu 50 Prozent der Verkäufe auch wieder retourniert. Ein Praxisbeispiel von Digitec Galaxus: Dort muss sich der Händler dazu verpflichten, dass Kundinnen und Kunden die Waren innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe eines Grundes zurückschicken dürfen. Digitec Galaxus stellt die dafür notwendige Retoure-Etikette zur Verfügung. Der Händler prüft selbst, ob die Rückgabe akzeptiert wird oder nicht. Die Kosten einer Retoure übernimmt bei Digitec Galaxus der Kunde.
9. Bereich: Einnahmen
Einnahmen erzielen Händler auf Marktplätzen ausschliesslich über Verkäufe. Die Kalkulation der Preise muss also exakt sein, damit sich unter dem Strich kein Verlustgeschäft ergibt. Dabei sind die bereits erwähnten Kostenblöcke zu berücksichtigen, sowie die Gebührenstrukturen der wichtigsten Marktplätze der Schweiz (siehe «Die wichtigsten Marktplätze in der Schweiz»).
Mit einem guten Plan zum erfolgreichen Marktplatzhändler
Eine solide Planung ist beim Einstieg auf Marktplätzen unerlässlich. Es müssen nicht nur notwendige Unterlagen beschafft und aufbereitet werden, es gilt auch das Sortiment aufzubauen, Preise und Kosten exakt zu kalkulieren. Und bei der eigenen Projektplanung sollten auch Puffer eingeplant werden, um Unvorhergesehenes bewältigen zu können, beispielsweise bei der Anbindung an Schnittstellen oder die Aufbereitung von Produktdaten.
Wer sich erstmals mit dem Marktplatzthema beschäftigt, ist gut beraten, sich externe Unterstützung von Experten zu sichern.