Was Temu und Shein so erfolgreich macht

Portrait von Björn Ognibeni

Portrait von Björn Ognibeni

Chinesische Plattformen Was Temu und Shein so erfolgreich macht

Publiziert am 24.06.2025 von Philippe Mettler, Digital Commerce Consultant, Schweizerische Post

Chinesische Plattformen wie Temu und Shein haben in den letzten anderthalb Jahren mit beeindruckender Geschwindigkeit Marktanteile im E-Commerce gewonnen – auch in der Schweiz. Wie kam es zu diesem rasanten Erfolg? Und was bedeutet das für hiesige Händlerinnen und Händler?

Diese Fragen standen im Mittelpunkt der Masterclass von Björn Ognibeni von ChinaBriefs.io anlässlich der Score! 2025 am 14. Mai. Der China-Kenner ordnet die Entwicklungen rund um Temu und Co. ein – und erklärt, was wir von chinesischen Anbietern lernen können.

Der Unterschied liegt im Denken in Plattformen

Ein zentraler Punkt: Temu und Shein denken E-Commerce anders als viele westliche Anbieter. Während bei uns oft kampagnenorientiert gearbeitet wird – also wiederholt Reichweite eingekauft wird, um kurzfristig Umsatz zu erzielen –, setzen chinesische Plattformen stärker auf die langfristige Nutzung ihrer eigenen Apps. Ziel ist es, Kundinnen und Kunden zur regelmässigen Nutzung zu bewegen. Ist das gelungen, entstehen Umsätze beinahe automatisch – ohne ständige Neukundengewinnung. Hinzu kommt: Die Anbieter investieren massiv in Werbung und Medienreichweite, um diesen Kreislauf zu etablieren. In Kombination mit agilen Anpassungsprozessen ist das ein Erfolgsrezept, das sich bislang als sehr wirksam erwiesen hat.

Temu ist nicht mehr nur China-Direktversand

Ein weiterer Aspekt: Viele Diskussionen um Temu kreisen noch um das Bild des reinen Direktversenders von Billigprodukten aus China. Doch dieses Bild ist mittlerweile überholt. Temu setzt zunehmend auf sogenannte «Local-to-Local»-Modelle – also auf den Verkauf von Waren, die bereits importiert wurden und regulär versteuert sowie verzollt sind. Dies reduziert regulatorische Angriffsflächen und verbessert die Kundenerfahrung.

Lernen ohne Kopieren

Was bedeutet das für europäische Händler? Ich empfehle, den Blick auf die Methoden chinesischer Anbieter zu richten – aber nicht, um sie eins zu eins zu kopieren. Vielmehr geht es darum, sich inspirieren zu lassen: Wie kann ich Kundinnen und Kunden dauerhaft an meine Plattform binden? Wie kann ich es schaffen, dass sie gerne und wiederholt bei mir kaufen?

Die wichtigste Empfehlung lautet daher: Nicht nur in Kampagnen denken, sondern in Beziehungen. Der Aufbau einer starken eigenen Plattform – sei es ein Onlineshop, eine App oder ein Marktplatzauftritt – wird zum zentralen Erfolgsfaktor.

Was erwartet uns als Nächstes?

Die aktuelle Marktlage ist kein stabiler Endpunkt, sondern Teil einer langfristigen Entwicklung. Nachdem chinesische Hersteller zunächst über westliche Händler verkauft haben, sind sie inzwischen selbst auf eigenen Plattformen präsent – und behalten so auch die Kundenschnittstelle. In Zukunft könnten vermehrt auch starke chinesische Marken auftreten, die qualitativ mit westlichen Produkten konkurrieren.

Zudem dürften politische Einflüsse wie Zölle zwar kurzfristige Auswirkungen haben, langfristig aber wenig ändern – zu dynamisch und anpassungsfähig ist das Vorgehen der chinesischen Anbieter.

Philippe Mettler – Interviewer

Digital Commerce Consultant, Schweizerische Post

Philippe Mettler verfügt über langjährige Erfahrung in der Beratung und in der Projektumsetzung, insbesondere in den Bereichen E-Commerce, Web und PIM. Er besitzt umfangreiche praktische Kenntnisse mit Kunden aus verschiedensten Branchen. Mit diesem Wissen hilft er unseren Kunden, sich im digitalen Reifegrad weiterzuentwickeln und erfolgreich im Digital Commerce zu agieren.

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