
Kultmarke im Gespräch Nachgefragt bei SIGG
SIGG steht wie keine andere Marke für hochwertige Trinkflaschen. Das Unternehmen mit Sitz in Frauenfeld beschäftigt rund 80 Mitarbeitende und hat es mit seinen Produkten bis ins Museum of Modern Art in New York geschafft. Im Interview sprechen wir mit dem Team von SIGG über Erfolgsfaktoren, den Stellenwert des eigenen Onlineshops, ihre Erfahrungen mit Amazon – und warum sie trotz einfacher Produkte konsequent auf lokale Produktion setzen.
SIGG ist eine Ikone in dem, was ihr macht. Eure Produkte sind weltweit bekannt – sogar im MoMA in New York ausgestellt. Und das mit einem eher kleinen Team. Was ist euer Erfolgsrezept?
Wir haben uns klar fokussiert und konzentrieren uns seit längerem voll und ganz auf Trinkflaschen. Qualität steht bei uns absolut im Zentrum – und das merken auch unsere Kundinnen und Kunden. Gleichzeitig haben sich in den letzten Jahren einige Trends positiv auf uns ausgewirkt: Der Wunsch nach nachhaltiger, lokaler Produktion, langlebigen Produkten und weniger PET-Flaschen hat stark zugenommen. Auch der Trend zu einem gesünderen Lebensstil – etwa mit weniger Süssgetränken – spielt uns in die Karten.
Dazu kommt, dass der Markt rund um Trinkflaschen stark gewachsen ist. Es sind zwar viele neue Mitbewerber aufgetaucht, aber das hat die Nachfrage zusätzlich belebt. Wir konnten so in den vergangenen Jahren ein kontinuierliches Wachstum verzeichnen.
Ihr produziert eure Aluminiumflaschen weiterhin in der Schweiz. Wie wichtig ist euch das Thema der lokalen Produktion?
Das ist wichtig für uns. Und zwar nicht nur als Aussage im Marketing. Wir investieren stark in die Automatisierung am Standort Frauenfeld, das ist ein entscheidender Faktor. Zudem können wir schnell agieren. Wir stellen viele stark personalisierte Produkte her. Da sind wir froh, schnell auf die Wünsche unserer Kundschaft eingehen zu können. Das lässt sich mit einer lokalen Produktion deutlich besser umsetzen. Gleichzeitig ist es auch eine Frage der Haltung. Viele Hersteller produzieren heute gar nicht mehr selbst. Wir sehen in der eigenen, lokalen Fertigung einen grossen Vorteil – gerade was Nachhaltigkeit, Qualität und Flexibilität angeht.

Ihr verkauft eure Produkte über verschiedenste Kanäle. Welche Rolle spielt dabei der eigene Onlineshop?
Der eigene Shop ist für uns in mehrfacher Hinsicht wichtig. Natürlich generieren wir dort einen respektablen Umsatz. Aber darüber hinaus ist er unser digitales Schaufenster: Wir können dort unsere Marke und Produkte genau so präsentieren, wie wir das möchten.
Wertvoll sind auch die Daten, die wir über den Shop sammeln – sie liefern uns ein sehr präzises Bild über das Verhalten und die Interessen unserer Kundschaft. In Kombination mit den Auswertungen von Plattformen wie Amazon entsteht so eine solide Datengrundlage. Und schliesslich ist der Shop ein Stück Unabhängigkeit – wir können agieren, wie es für uns am besten passt.
Amazon ist einer eurer wichtigsten Vertriebskanäle. Wie gross ist der Stellenwert dieser Plattform für euch?
Amazon ist für uns absolut zentral, wenn es um Umsatz geht – deutlich bedeutender als unser eigener Shop. Über die Plattform bedienen wir unseren europäischen Kernmarkt mit entsprechend grossem Volumen. Wir sind dort allerdings nicht als klassischer Marktplatzhändler unterwegs, sondern arbeiten als Vendor mit Amazon zusammen.
Auf anderen Plattformen sind wir deutlich zurückhaltender. Bei Galaxus etwa liefern wir unsere Produktdaten, verkaufen aber nicht im gleich grossen Stil. Die Beziehung zur Plattform ist entscheidend – ohne einen engen Austausch ist nachhaltiges Wachstum schwierig zu erreichen.
Amazon gilt als anspruchsvoll. Wie viel Aufwand steckt ihr ins Marketing auf der Plattform?
Amazon ist sehr marketingintensiv – selbst als Vendor. Wir haben das gesamte Kampagnenmanagement an eine externe Agentur ausgelagert. Es ist einfach zu komplex, um es intern zu stemmen, gerade wenn man auf viele Keywords bietet. Das muss weitgehend automatisiert ablaufen. Ohne gute Agentur ist das kaum zu bewältigen.
Und wir mussten auch an den Grundlagen arbeiten: Guter Content, überzeugende Bilder und – ganz wichtig – zuverlässige Verfügbarkeit. Anfangs konnten wir Amazon nicht immer schnell genug beliefern, was sich direkt negativ ausgewirkt hat.
Ihr erfasst eure Produktdaten auch selbst auf Galaxus, verkauft dort aber nicht direkt. Warum dieser Aufwand?
Wir haben viele Wiederverkäufer, die unsere Produkte auf Galaxus anbieten. Damit dort keine fehlerhaften oder veralteten Inhalte erscheinen, stellen wir die Produktdaten selbst bereit. Das ist für uns Teil der Markenpflege – und gilt genauso für weitere Plattformen. Wir wollen vermeiden, dass unsere Produkte in einem schlechten Licht erscheinen, nur weil die Darstellung nicht stimmt.

Der Verkauf über Plattformen ist immer ein Balanceakt: Sichtbarkeit versus Markenwahrnehmung. Wie geht ihr damit um?
Das ist ein berechtigter Punkt, den wir intern oft diskutiert haben. Am Ende ist klar: Wir können und wollen nicht verhindern, dass unsere Produkte auf Plattformen präsent sind. Also übernehmen wir lieber selbst die Verantwortung. Markenbildung passiert ohnehin – und wir wollen sie aktiv mitgestalten. Dass Plattformen für unseren Umsatz wichtig sind, steht ausser Frage. Die Herausforderung ist, sie gezielt zu nutzen, ohne sich selbst zu verlieren.
Immer mehr Plattformen betreten den Markt. Könnt ihr euch vorstellen, auf Temu aktiv zu werden, wenn es auch Schweizer Anbieter zulässt?
Das ist schwierig zu beantworten. Grundsätzlich sind wir bei neuen Plattformen zurückhaltend – vor allem aus Effizienzgründen. Jede neue Plattform bedeutet zusätzlichen Aufwand, sowohl bei der Anbindung als auch im laufenden Betrieb. Wir beobachten die Entwicklungen aber genau. Sollte es für uns Sinn ergeben, schliessen wir einen Test nicht aus. Das Gleiche gilt übrigens auch für Social-Commerce-Kanäle. Wir sind auf den sozialen Medien aktiv und nutzen diese Kanäle aktuell hauptsächlich für die Markenkommunikation. Dennoch beobachten wir auch hier die Entwicklungen und verfolgen Trends aufmerksam.
Wie steht es bei euch mit dem Einsatz von künstlicher Intelligenz?
Aktuell spielt KI bei uns noch keine zentrale Rolle. Aber wir setzen sie punktuell ein – zum Beispiel als Unterstützung bei der Texterstellung für neue Produkte, wenn es schnell gehen muss. Erste Tests mit KI-generierten Bildern haben wir auch gemacht. Allerdings fehlt uns an manchen Stellen noch die passende Systemlandschaft, um einfache Automatisierungen effizient umzusetzen. Das ist sicher ein Thema, das wir weiterverfolgen werden.
Mehr Infos: