Wecker neben einem Glas ausgeleerter Münzen / Schriftzug «Tax 2025» auf Würfeln in der Mitte
Plattformbesteuerung – Teil 2 Neue MWST-Regeln im Online-Handel ab 01.01.2025
Die Plattformbesteuerung ist eines der Kernelemente der Teilrevision des Mehrwertsteuergesetzes (MWSTG), die am 01.01.2025 in Kraft tritt. Sie stellt in- und ausländische Onlinehändlerinnen und Onlinehändler sowie die Plattformen vor grosse Herausforderungen bei der korrekten Umsetzung. Die Zeit für die systemtechnische Umsetzung ist knapp. Nun liegen die Praxisanweisungen der Eidgenössischen Steuerverwaltung als überarbeiteter Entwurf vor.
In unserem Blog vom 05.12.2024 sind wir darauf eingegangen, welche Plattformen von der neuen Regelung betroffen sind. Nun wollen wir vertieft darauf eingehen, was dies für Sie als Händler bedeutet.
Ergeben sich daraus auch Folgen für die Händler, die über die Plattformen verkaufen?
Nach dem bis 31.12.2024 geltenden MWSTG rechnet der Händler über die MWST aus seinen Lieferungen an die Kunden ab, sofern er mehrwertsteuerpflichtig ist. In seinem Namen wird die Rechnung an die Kunden mit MWST-Ausweis ausgestellt. Die Onlineplattform als technische Unterstützung des Verkaufs rechnet nur die jeweils anwendbare MWST auf ihren Dienstleistungen, die sie gegenüber Händlern und allenfalls Kunden erbringt, ab.
Ab 01.01.2025 wird die MWST auf den Lieferungen neu durch die Plattform abgerechnet. Obwohl zivilrechtlich eine direkte Lieferung vom Händler an den Kunden vorliegt, werden für MWST-Zwecke zwei mehrwertsteuerrelevante Liefergeschäfte angenommen: Händler an Onlineplattform und Onlineplattform an Kunde.
Die fiktive Lieferung des Onlinehändlers an die Plattform wird unter der Plattformbesteuerung von der MWST befreit.
Die Plattform wird dem Händler aus einem Liefergeschäft somit in der Regel nur noch den Nettobetrag (exkl. MWST) gutschreiben bzw. auszahlen, da die Plattform verpflichtet ist, die MWST aus diesem Geschäft einzubehalten und an die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) abzuliefern. Dies führt zu finanziellen Folgen, insbesondere für folgende Händler:
- Händler, die mit Saldosteuersätzen abrechnen: Ihre Verkaufsmarge reduziert sich um die Differenz zwischen dem von der Plattform abzurechnenden Normalsteuersatz und dem Saldosteuersatz. Die ESTV empfiehlt in diesen Fällen, den Wechsel zur effektiven Abrechnungsmethode zu prüfen.
- Kleinhändler bzw. Private, die mangels Überschreitung der Umsatzgrenze oder mangels unternehmerischer Tätigkeit (Gelegenheitsverkäufe) nicht steuerpflichtig sind und daher keine MWST auf dem Verkaufspreis abliefern müssen: Sie müssen künftig berücksichtigen, dass sich ihr Erlös um die von der Plattform abzuführende MWST reduziert. Die Plattform kann die Anwendbarkeit des fiktiven Vorsteuerabzugs bzw. der Margenbesteuerung prüfen, um die Steuerbelastung der Lieferung zu reduzieren.
Zudem müssen alle Händlerinnen und Händler, die sowohl über Onlineplattformen im oben genannten Sinn als auch über andere Vertriebskanäle verkaufen, in der Lage sein, die «normalen» Inlandlieferungen von steuerbefreiten Inlandlieferungen via Plattformen zu trennen. Ein Steuerausweis in Dokumenten für diese befreite Lieferungen sollte vermieden werden, da die Steuer anderenfalls an die ESTV abzuliefern ist.
Hierzu sind systemtechnische Anpassungen und Anpassungen bei der Rechnungstellung erforderlich. Zu allem Übel haften die Händlerinnen und Händler für die von der Plattform geschuldete MWST nach Art. 15 Abs. 4bis rev. MWSTG subsidiär, so dass auch bei der Dokumentation der Verantwortung der Plattform und aus vertraglicher Sicht Vorkehrungen zur Minimierung des Risikos zu treffen sind.
Gilt dies für alle Händler oder gibt es Ausnahmen?
Grundsätzlich gelten die Regelungen für alle Händlerinnen und Händler, die mit Plattformen im Sinne des Art. 20a MWSTG Onlinegeschäfte abwickeln. Bereits mehrwertsteuerpflichtigen Verkaufsparteien sollen folgende Wahlmöglichkeiten offenstehen:
- Versteuerung der fiktiven Lieferung an die Plattform gemäss Art. 43a rev. MWSTV: Händlerinnen und Händler können auf die Steuerbefreiung ihrer Lieferung an die Plattform verzichten. In diesem Fall würden sie alle Inlandlieferungen versteuern, unabhängig davon, ob das Geschäft auf einer Onlineplattform zustande kommt.
- Import in eigenem Namen (anstelle im Namen der Plattform): Der inländische Händler muss in diesem Fall die Umsatzgrenze von 100’000 Franken für Kleinsendungen überschreiten, d. h. aufgrund der Versandhandelsregelung MWST-registriert sein. Hat der Händler eine Unterstellungserklärung, geht die Zollbehörde automatisch davon aus, er als Importeur agiert, sofern keine anderslautenden Anweisungen erfolgen. Agiert die Plattform als Importeur, liegt beim Händler eine Lieferung im Ausland vor. Importiert er selbst, erbringt er eine Leistung im Inland, die nach den Regelungen zur Plattformbesteuerung befreit ist.
Wo sehen Sie die grössten Herausforderungen für Schweizer Händler? Und gibt es Empfehlungen an diese Händler von Ihrer Seite?
Die Händler müssen identifizieren, ob sie ihre Onlinegeschäfte über Plattformen im oben genannten Sinne ausführen, um beurteilen zu können, ob ab 01.01.2025 steuerfreie Lieferungen an Plattformen vorliegen, wer im Falle des Imports als Importeur handeln muss/kann und ob die oben erwähnten Optionen sinnvoll sind. Die Geschäftsvorfälle sollten systemtechnisch ab 01.01.2025 korrekt abgewickelt werden können, was zeitlich und aufgrund der Informationslage eine besondere Herausforderung darstellt.
Händlerinnen und Händler sollten die Publikationen der ESTV verfolgen, um zeitnah reagieren zu können, insbesondere hinsichtlich
- der Rahmenbedingungen für die freiwillige Versteuerung von Lieferungen über Onlineplattformen und das Agieren als Importeur
- Rechnungstellung sowie Nachweis- und Dokumentationspflichten
Gemäss dem Entwurf der Verwaltungspraxis soll eine Abrechnung der Plattform, aus der hervorgeht, dass die Lieferungen von der Plattform versteuert wurden, als Nachweis für die Steuerbefreiung auf Händlerebene ausreichen. Jedoch sei zusätzlich von den Händlerinnen und Händlern zu prüfen, ob die Plattform MWST-registriert sei (siehe uid.admin.ch) und ob gegen sie administrative Massnahmen eingeleitet wurden, da sie ihre steuerlichen Pflichten nicht erfüllt hat. Zu diesem Zweck soll von der ESTV eine entsprechende Liste der «schwarzen Schafe» aber auch aller registrierten Plattformen publiziert werden.
Im Hinblick auf die neuen Regelungen sind somit proaktives Handeln und eine detaillierte Abstimmung zum Handling mit der jeweiligen Plattform gefordert, um das Onlinegeschäft auch ab 01.01.2025 effizient und korrekt abwickeln zu können.
Ausblick
Auch für die Plattformen ergeben sich Herausforderungen. Die von der zivilrechtlichen Beurteilung abweichende Fiktion, dass die Plattform Lieferant ist, führt zu Herausforderungen bei Buchführung und Rechnungsstellung. Die Plattform stellt Rechnung im Namen und für Rechnung der Händlerin/des Händlers. Wahlweise können auch Händlerinnen und Händler in eigenem Namen den Kunden Rechnung stellen. In beiden Fällen ist in der Rechnung auf die Plattformbesteuerung nach Art. 20a rev. MWSTG hinzuweisen. Gegenüber der ESTV rechnet aber in beiden Fällen die Plattformbetreiberin die MWST auf dem Entgelt ab.
Es ergeben sich Aufzeichnungs-, Melde und Auskunftspflichten für die Plattformen. Handelt es sich um Exporte, ist die Ausfuhrbefreiung von der Plattform pro Exportlieferung nachzuweisen. Zudem muss die Plattform das korrekte Handling der Einfuhren systemtechnisch, aber auch mit Händlerinnen/Händlern und Logistikunternehmen abstimmen und aufsetzen.
Zu weiteren Themen informieren wir Sie gerne. Dies sind die Identifizierung der betroffenen Plattformen, die unterschiedliche Behandlung von in- und ausländischen Plattformen hinsichtlich des Beginns der Steuerpflicht, die Information über weitere Verfahrens- und Auskunftspflichten für die Beteiligten, die Herausforderungen und möglichen Erleichterungen bei der Abwicklung von Einfuhrgeschäften über Onlineplattformen.