Wie Menschen zu «Econs» werden

Kundenzentrierung Wie Menschen zu «Econs» werden

Publiziert am 27.08.2021 von Biljana Mladenovic, Data Scientist bei PostFinance

Altmeister Warren Buffet sagte einmal: «Risk comes from not knowing what you’re doing.» Aber sind wir alle für die finanziellen Herausforderungen und Risiken gewappnet, die die Covid-Krise mit sich bringt?

Denkmodell Econs vs. Humans

Die persönlichen Finanzen optimal zu regeln, ist für viele eine grosse Herausforderung. Um finanzielle Entscheidungen zu treffen, sind besondere Fähigkeiten nötig. Jeder und jede von uns sollte eine entsprechende Finanzkompetenz besitzen, die in der englischen Sprache als «Financial Literacy» bezeichnet wird.

Sind wir in der Lage, als Homo oeconomicus wie Albert Einstein zu denken, über ein Gedächtnis wie IBMs Big Blue zu verfügen und die Willenskraft von Mahatma Gandhi aufzubringen, wie dies Nobel- Preisträger Richard Thaler fordert?

Die Neurowissenschaft belegt, dass unser Gehirn aus zwei Sphären – einer rationalen und einer emotionalen – besteht. Die rationale Hälfte braucht länger, um sich zu engagieren. Es ist die emotionale Seite, die zuerst unsere Entscheidungen filtert und validiert. Wie Verhaltensökonomen nachweisen, spiegelt sich unser biologischer Aufbau in unserem Verhalten. Unsere Entscheidungen sind eher durch Faustregeln oder Heuristik bestimmt. Wir sind keine Homo oeconomicus, sondern Homo sapiens mit selektiver Wahrnehmung. Wir folgen der Herde, stecken voller Emotionen.

Der Befähigungsweg

Den Weg zu einer Veränderung hat Abraham Maslow, der Vater der modernen Managementpsychologie, aufgezeigt. Um ein Verhalten zu ändern, müssen wir von unserer eigenen unbewussten Inkompetenz (wir wissen nicht, was wir nicht wissen) zu einer bewussten Inkompetenz (wo wir anfangen zu wissen, was wir wissen) und letztendlich zur bewussten Kompetenz (wo wir uns dessen bewusst sind, was wir wissen und entsprechend handeln) entwickeln. Das ist ein lebenslanger Prozess. Das gilt auch für unsere Finanzkompetenz: Wir müssen unser Wissen und Verhalten ständig verbessern.

Die Rolle der Banken

Banken können bei diesem Prozess eine wichtige Rolle übernehmen. Kundinnen und Kunden lernen am besten, wenn sogenannte Lernmomente – wie Hauskauf, Firma gründen, Steuern zahlen – entstehen und sie das Gelernte – durch Nutzung von finanziellen Produkten – anwenden können.

Deshalb haben wir bei PostFinance den Prototyp Felix entwickelt. Er soll unsere jungen Kundinnen und Kunden auf ihrem Weg zu Financial Literacy begleiten. Die Lösung ist vollständig datengetrieben und basiert auf smarten Methoden der künstlichen Intelligenz.

Abbildung 1, B. Mladenovic

Im Mittelpunkt steht die Finanzkompetenz der Kundinnen und Kunden, die anhand einer Selbsteinschätzung berechnet wird. Das Ergebnis wird durch das Kundenverhalten ergänzt, das aus vorhandenen Kunden-, Transaktions- und Produktnutzungsdaten ermittelt wird.

Mehrere Aspekte – etwa wie gut der Kunde seine Produkte nutzt, sein Cash-Management handhabt, Geld spart und klug investiert – werden berücksichtigt. Mit einem Gamification-Ansatz erwerben die Kundinnen und Kunden spielerisch neues Finanzwissen. Mit konkreten Empfehlungen und Peer-to-Peer-Vergleichen befähigt Felix den Kunden, finanzielle Entscheidungen zu treffen – und sein bisher wenig optimales Verhalten zu verändern. Eine finanzielle Beratung durch einen Chatbot kann ihm zur Seite stehen. Positives Verhalten wird durch Lob verstärkt. Die Abbildung 2 zeigt die Dashboard-Seite von Felix.

Abbildung 2, B. Mladenovic

Fazit

Für eine optimale Verwaltung der eigenen Finanzen, sind die Finanzfähigkeiten von «Econs» notwendig. Als Homo sapiens besitzen wir hier Defizite, die wir ausgleichen müssen. Und dabei kann die Bank eine wichtige Rolle spielen.

Aktuell bietet kein Player auf dem Schweizer Markt eine umfassende Lösung an, die Menschen über den gesamten Lebenszyklus bei der Entwicklung von Finanzkompetenz begleitet. Eine Lösung wie Felix und das Potential der künstlichen Intelligenz bieten sich als Wegbegleiter zu Financial Literacy an. Dabei ist zu beachten, dass der Einsatz der künstlichen Intelligenz mit Sorgfalt erfolgt und den Normen der Datenethik entsprechen muss. Denn Bankdaten sind eben sensible Daten.

 


Die Connecta Bern wird auch 2021 aufgrund der aktuellen Lage digital durchgeführt. Die Vielfalt der Digitalisierung, welche die Connecta auszeichnet, wird neben dem Connecta Blog in den Formaten Connecta TV und Connecta Talk aufgegriffen. Hier erfahren Sie mehr: www.post.ch/connecta.

 

Interessant
  • Quelle: Nudge: Improving Decisions About Health, Wealth, and Happiness, Richard H. Thaler, Cass R. Sunstein (2008)
  • Quelle: The International Journal of Coaching in Organizations, The Emotional Intelligence of Money: A Case for Financial Coaching, Brenda Smith (2009)
  • Quelle: The International Journal of Coaching in Organizations, The Emotional Intelligence of Money: A Case for Financial Coaching, Brenda Smith (2009)
  • Quelle: e.Foresight, www.swisscom.com/e-foresight & Hochschule Luzern, HSLU / Institut für Finanzdienstleistungen Zug
  • DirectPoint: Die Chancen von Empfehlungsmarketing nutzen

Biljana Mladenovic

Data Scientist bei PostFinance und Doktorandin am Human-IST-Institut der Universität Freiburg

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