Wie der Handel mehr aus Geodaten macht

Geodaten Wie der Handel mehr aus Geodaten macht

Publiziert am 20.07.2021 von Stephan Lamprecht, Journalist

Den meisten Menschen dürfte im Zusammenhang mit dem Begriff Geodaten wohl als erstes ihr Navigationsgerät oder Smartphone einfallen. So falsch ist das nicht. Denn Geodaten können im Handel ebenfalls die Navigation übernehmen. Wir erklären, was es damit auf sich hat.

Nicht mit Location Based Services verwechseln

Noch bis vor etwa vier bis fünf Jahren galten die «Location Based Services» (LBS) als grosse Hoffnung bei Handelsunternehmen, die auf Omnichannel oder eine rein stationäre Strategie setzten. Die Idee bestand darin, die Kundinnen und Kunden mit einem Angebot oder Werbung anzusprechen, wenn sie sich in der direkten Nähe eines Standorts befinden. Inzwischen ist es etwas ruhiger um dieses Thema geworden. Die ersten Versuche mit den unterschiedlichsten Technologien schienen zwar vielversprechend; indes wurden LBS nicht zum Mainstream. Einer der Hauptgründe dürfte darin liegen, dass eben längst nicht alle Kundinnen und Kunden auch die App des Händlers installiert haben oder ihren Standort teilen wollten. Beacons, WLAN-Ortung und andere Techniken, um die Kundinnen und Kunden zu orten und dann gezielt anzusprechen, haben sich in der Breite nicht durchgesetzt.

Doch um LBS soll es an dieser Stelle nicht gehen. Geodaten sind Informationen zur geografischen Position eines Geräts oder Fahrzeugs. Der Begriff fasst aber auch statistische Informationen rund um einen Standort zusammen.

Geodaten müssen intelligent verknüpft werden

Im Zeitalter von überall verfügbaren GPS-Empfängern und Smartphones ist es trivial, die exakte Position eines Gegenstands zu bestimmen, ob es sich nun um ein Fahrzeug oder eine Transportbox handelt. Es ist also technisch nicht besonders anspruchsvoll, geobasierte Informationen zu gewinnen. Die Kunst besteht darin, diese miteinander zu verknüpfen, Erkenntnisse daraus zu ziehen und sie zur Verbesserung von Prozessen einzusetzen.

Ein einfaches Beispiel dafür, wie geobasierte Informationen zu einem besseren Kundenerlebnis führen, kennen wohl alle aus dem Alltag. Wer freut sich nicht über die Verfolgung der ersehnten Bestellungen aus einem Onlineshop? Akkurate Lieferinformationen, teilweise auf der letzten Meile in Echtzeit, tragen zu einem besseren Erlebnis der Kundinnen und Kunden bei.

Und im Backend des Händlers erleichtern sie dem Support die Arbeit, wenn die Kundinnen und Kunden eine Nachfrage zum Stand einer Bestellung haben.

Von der Standort- über die Sortiments- bis zur Personalplanung

In den wegen der Folgen der Pandemie ohnehin angespannten finanziellen Situation muss bei der Eröffnung eines neuen Standorts alles passen. Es sollte genügend Kundschaft in der Nähe verweilen, die Verkehrswege eine zügige Belieferung erlauben und die Kaufkraft am Ort den Erwartungen des Händlers entsprechen, zumindest sollten aber Menschen aus der näheren Region angesprochen werden.

Zu jedem dieser Fakten gibt es geobasierte Informationen und statische Daten. Wenn sie auf intelligente Weise miteinander verbunden werden, erhält das Unternehmen eine solide Basis für die Entscheidung darüber, ob es sich lohnt, dort zu eröffnen.

Filialistinnen und Filialisten können die Informationen aus bereits bestehenden Standorten miteinander verknüpfen und so Sortimente auf die (wahrscheinlichen) Vorlieben der Kundschaft an diesem Ort anpassen.

Und selbst bei der Personalplanung können Geodaten hilfreich sein. Denken Sie nur an die erste Krisenzeit während der Pandemie zurück. Verschiedene Gebiete waren sehr unterschiedlich von den Auswirkungen betroffen. Während an einem Standort Personal krankheitsbedingt oder wegen Quarantänebestimmungen fehlte, gab es an anderer Stelle einen Überhang, weil die Kundenfrequenz nachgelassen hatte. Geodaten in einem übersichtlichen Dashboard könnten hier auf solche Fakten aufmerksam machen, sodass leichter Mitarbeitende verteilt werden können.

Ein Unternehmen aus der Schweiz, das sehr intensiv auf Geodaten zurückgreift, ist die Migros. Hier kommen Geodaten an verschiedenen Stellen zum Einsatz. Etwa bei der Optimierung von Lieferketten (nahezu in Echtzeit), bei der Standortentwicklung und bei der Planung personeller Ressourcen.

Den Datenschatz der Geodaten haben längst noch nicht alle Händler für sich entdeckt. Dabei schlummern hier enorme Potenziale für die Effizienzsteigerung, Verbesserung der Kundenerfahrung und der Kostenseite. Und das nicht nur in Sachen Logistik.

Stephan Lamprecht, Journalist

Stephan Lamprecht begleitet seit zwei Jahrzehnten als Journalist und Berater das E-Commerce-Geschehen in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

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