E-Commerce Warum Headless Commerce zum Standard wird
Im Zusammenhang mit Onlineshops taucht immer häufiger der Begriff des «Headless Commerce» auf. Lesen Sie in diesem Beitrag, was es damit auf sich hat. Und wieso dieser Ansatz der neue Standard ist.
Der Begriff «Headless» stammt aus der IT-Welt, wo er die Trennung zwischen einer Benutzeroberfläche (allgemein als «Frontend» bezeichnet) und der eigentlichen Logik (dem «Backend») beschreibt.
Ein Beispiel dafür ist etwa die «Headless» Installation von Serversoftware. Diese stellt alle Funktionen zur Verfügung, die Nutzerinnen und Nutzer müssen auf die von Windows oder anderen Betriebssystemen gewohnte Bedienung per Maus und Menüeinträgen verzichten.
Dieser Ansatz, nämlich die (Business-)Logik von der Präsentation und Darstellung zu trennen, hält im Headless Commerce auch Einzug in den Onlineverkauf.
Eine Lösung für eine komplexer werdende Welt
Um die Vorteile des Ansatzes zu verstehen, ist es sinnvoll, sich einmal die wachsende Komplexität der E-Commerce-Landschaft vor Augen zu halten. Die Kundschaft kann heute auf immer mehr Kanälen einkaufen. Die Zahl der Optionen, Produkte anzubieten, wächst, und der Erfindungsreichtum scheint hier keine Grenzen zu kennen. Markenhersteller und Handelsunternehmen nutzen zum Verkauf heute beispielsweise:
- den klassischen Onlineshop,
- Marktplätze,
- eigene Apps,
- In-Store-Kiosksysteme oder Bestellterminals (etwa im Rahmen einer Multichannel-Strategie),
- B2B-Portale,
- IoT-Geräte zur automatischen Nachbestellung,
- Voice-Commerce über Sprachassistenten wie Alexa oder Chatbots.
In der nahen Zukunft werden vielleicht Smartwatches und Technologien wie Virtual Reality und Augmented Reality eine wachsende Bedeutung erreichen.
Eine Standard-Software, die alle diese Funktionen und Kanäle zufriedenstellend abdeckt, gibt es allerdings nicht. Und genau hier setzt die Headless-Strategie an.
Wie Headless Commerce funktioniert
Die gerade beschriebenen Kanäle besitzen unter Betrachtung einer Systemarchitektur viele Gemeinsamkeiten, aber auch zahlreiche Unterschiede.
Ob nun im Shop oder über einen anderen Weg eingekauft wird: Immer müssen Produktbeschreibungen und der lieferbare Warenbestand abgerufen und dargestellt werden. Und am Ende muss es einen Checkout-Prozess geben. Diese Logik wird also in unterschiedlichen Umgebungen benötigt, unabhängig davon, wie sich dies dann optisch (oder akustisch) präsentiert. Um das Einkaufserlebnis zu verbessern, wäre es bei einer App oder einer Smartwatch sinnvoll, wenn das System eine Rückmeldung darüber erhält, wo sich die Käuferschaft gerade befindet, damit nur die Waren oder die Filialen angezeigt werden, die sich auch in der Nähe befinden. Diese Information ist im klassischen Shop weniger relevant, es sei denn, es gäbe hier eine Filialsuche.
Die Idee des Headless Commerce besteht nun darin, statt auf eine «grosse» und monolithisch aufgebaute Standardlösung zu setzen, die Funktionen in Form kleiner Dienste und Funktionen (sogenannte Mikro-Services) aufzuspalten. Ihre Daten tauschen die verschiedenen Dienste über definierte Schnittstellen (API) aus. Werden also etwa in einer App Informationen zu den Stückzahlen eines Produkts oder einer Produktkategorie benötigt, fragt der Mikro-Service die Daten via Schnittstelle aus der Warenwirtschaft ab.
Vorteile von Headless Commerce – Flexibilität und Geschwindigkeit
Aus Sicht von Shopbetreibern und Markenherstellern eröffnen sich durch den Ansatz des Headless Commerce Vorteile.
- Headless-Architekturen sind ideal für agile Softwareent-wicklung: Die «Baustellen», die angegangen werden, sind überschaubarer. Die Mikro-Services lassen sich so gezielt weiterentwickeln, ohne das Gesamtsystem zu beeinträchtigen.
- Die Erweiterung um neue Funktionen wird einfacher: In einem System, das primär über API miteinander kommuniziert, wird die Einbindung zusätzlicher Datenquellen einfacher. So können gezielt Funktionen an den Stellen nachgerüstet werden, wo sie den grössten Nutzen versprechen.
- Neue Kanäle können schneller bedient werden: Ob neue App, neue Oberfläche für den Shop (sei es auch nur eine neue Sprachvariante) oder völlig neue Technologie: Headless Commerce erlaubt, schneller auf neuen Kanälen präsent zu sein und diese zu nutzen. Erfahrungsgemäss sind die Funktionen, die direkt der Kundschaft zugewendet sind, einem schnelleren Wandel unterworfen, als dies bei Kernprozessen wie in einer Warenwirtschaft der Fall ist. Mit Headless Commerce lassen sich solche neuen Kanäle rascher und schrittweise aufbauen.
- Anwendungen gewinnen an Geschwindigkeit: Das System wird insgesamt leistungsfähiger und schneller. Eine App fragt etwa nur die Daten ab, die sie in diesem Moment benötigt, und erhält die Infos via API. Das macht den Quellcode überschaubarer und performanter.
Der doch sehr technische Begriff des Headless Commerce mag zuerst wie Zukunftsmusik und wie ein Thema für IT-Nerds klingen. Dahinter verbirgt sich aber eine Strategie, die gute Chancen hat, zum neuen Standard in der E-Commerce-Welt zu werden.
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