Nachgefragt bei Thomas Götz

Ist der Bitcoin auf der Überholspur? Nachgefragt bei Thomas Götz

Publiziert am 10.02.2021 von Thomas Götz, Leiter TechLab und stellvertretender Leiter IT-Architektur bei PostFinance

Der Bitcoin ist die bekannteste Kryptowährung der Welt und gilt als attraktive Finanzanlage. Gestartet zu Jahresbeginn 2020 bei etwa 8000 US-Dollar, liegt der Wert aktuell bei über 30 000 Dollar. Lohnt es sich, in die Kryptowährung zu investieren? Wir haben bei Thomas Goetz von PostFinance nachgefragt.

Kannst du uns in kurzen und einfachen Worten erklären, was eine Kryptowährung ist und warum es diese gibt?

Eine Kryptowährung ist eine rein digitale Währung. Das Geld liegt ausschliesslich in Form von Daten und nicht als Münzen oder Banknoten vor. Vorteil dieses Geldes ist somit, dass es online sehr einfach übertragen werden kann.

«Kryptowährung» heisst eine solche Währung, weil sie mit kryptografischen Verfahren gegen Fälschungen geschützt ist. Kryptografie beschäftigt sich mit der Verschlüsselung und der Sicherheit von Informationen und verwendet dazu Verfahren der Mathematik und der Informatik.

Wie jede Währung erfüllt eine Kryptowährung grundsätzlich drei Funktionen: Ich kann damit bezahlen, kann sie aufbewahren und kann sie als Messeinheit für den Wert von Dingen verwenden.

Die bekannten Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ether sind insofern speziell, weil sie nicht von einem Staat mit seiner Zentralbank, sondern von privaten Gruppen stammen. Sie werden von einem weltweit verteilten autonomen Automaten – einer Blockchain – erzeugt und verwaltet, erfordern also keine einzelne, vertrauenswürdige Institution für ihren Betrieb. Sie können anders als das klassische Bankensystem genutzt werden, ohne dass man sich identifiziert.

Bitcoin wurde als Antwort auf die Weltwirtschaftskrise 2008 gestartet. Es wurde ein «Geld ohne Staat» geschaffen, da sich manche Banken, Zentralbanken und Aufsichtsorgane als nicht vertrauenswürdig erwiesen hatten.

Was gilt es bei Kryptowährungen besonders zu beachten und welche Gefahren kann der Kryptomarkt mit sich bringen?

  • Kryptowährungen wurden in sehr grosser Vielfalt erzeugt und besitzen verschiedenste Eigenschaften. Ihre Gründer hatten unterschiedlichste Absichten, vom Bestreben, ein nicht manipulierbares Geldsystem zu schaffen bis zum Schneeballsystem und anderen Formen von Betrug. Die nicht staatlichen Kryptowährungen sollen zudem Aufsichtsbehörden und Zentralbanken umgehen, sowohl im Schlechten (Manipulation) wie im Guten (Schutz vor Missbrauch). Mittlerweile hat die Regulation aber auch Kryptowährungen erfasst. Der Besitz von Kryptowährungen muss beispielsweise in der Steuererklärung angegeben werden.
  • Es lohnt sich, bei einer Kryptowährung genau hinzuschauen:
    • Welche Personen und Gruppen haben die Währung mit welcher Absicht geschaffen, wie wird sie betrieben und weiterentwickelt?
    • Welche Sicherheitsvorkehrungen wurden implementiert und wie gut wurden diese von unabhängigen Experten untersucht?
    • Wie weit hat sich die Währung und die zugrundeliegende Blockchain in der Praxis bewährt?
    • Wie und in welcher Menge wird bei der Kryptowährung neues Geld geschaffen und damit die Inflation gesteuert?
  • Der Handel mit Kryptowährungen ist weniger reif und reguliert als mit klassischen Währungen.
  • Der Kurs von Kryptowährungen ist typischerweise nicht mit anderen Währungen verbunden. Dadurch wird er von Ereignissen stark beeinflusst und ist dadurch sehr volatil.
  • Bei einer nicht staatlichen Kryptowährung gibt es keine Garantie, dass sie morgen noch existiert.

Werden sich Kryptowährungen als ein etabliertes Finanzinstrument durchsetzen?

Kryptowährungen sind aus mehreren Gründen interessant. Sie unterliegen beispielsweise nicht den gleichen Einflussfaktoren wie andere Assets und können dadurch helfen, Risiken breiter abzusichern. Kryptowährungen haben zudem den Vorteil, dass sie wie alle digitalen Assets direkt und sofort übertragen werden können, somit entfallen Gegenparteirisiken (Delkredere – «Geld gegen Waren»).

Bitcoin besitzt aktuell eine Marktkapitalisierung von 650 Milliarden US-Dollar. Der gesamte Markt an Kryptowährungen hat ein Volumen von 1 Billion US-Dollar, hat also schon eine respektable Grösse.

Warum liest man momentan so viel über Bitcoin und weshalb ist er aktuell so gefragt?

Bitcoin erlangt immer wieder öffentliches Interesse, sei es durch spektakuläre Kursschwankungen und dass jemand sehr viel Geld gewinnt oder dass jemand sehr viel Geld verliert, weil er seinen kryptografischen Schlüssel verliert.

Welche Unternehmen investieren gerade in Bitcoin?

Der aktuelle Höhenflug des Bitcoins ist vermutlich stark durch professionelle Anleger verursacht, die neue Assets zur Absicherung von Risiken und zum Erzielen von Erträgen suchen. Im August hat eine börsenkotierte Firma für 250 Millionen US-Dollar Bitcoin gekauft und gerüchteweise soll sich auch Elon Musk für den Kauf einer grösseren Menge Bitcoin interessieren.

Und sollten Privatpersonen auch in Bitcoin anlegen? Sollte ich jetzt noch in Kryptowährungen einsteigen – oder eher noch abwarten?

Bitcoin ist eine spekulative, hochvolatile Investition. Für jemanden, der damit Erfahrungen sammeln möchte, bietet eine solche Kryptowährung eine Gelegenheit. Er oder sie muss aber auch einen allfälligen Totalverlust seiner Investition akzeptieren können. Jedes Anlegen hat mit dem Abwägen von Chancen und Risiken zu tun und ich kann leider keine Empfehlung abgeben, welches Risiko für wen akzeptabel ist.

Was bedeutet Bitcoin für den Schweizer Handel? Kannst du uns eine Prognose mit auf den Weg geben?

Bitcoin war ursprünglich als Zahlungssystem ausgelegt, ist aber heute im Handel unbedeutend. Die Gebühren für eine Transaktion sind mittlerweile deutlich höher als bei den vielen anderen Zahlungssystemen. Im Bereich Anlegen hat Bitcoin trotz der respektablen Marktkapitalisierung eine Nischenposition.

Zentralbanken untersuchen den Einsatz von Kryptobanken schon seit längerer Zeit und auch grosse Technologiekonzernen wie Facebook sind in diesem Bereich aktiv. Es ist spannend, diese Entwicklung zu verfolgen und zu sehen, welche Chancen sich daraus ergeben.

Herzlichen Dank für die wertvollen Eindrücke und alles Gute.

Thomas Götz

Leiter TechLab und stellvertretender Leiter IT-Architektur bei PostFinance

Yannick Küffer − Interviewer

Yannick Küffer ist Consultant beim Competence Center Digital Commerce der Schweizerischen Post. In dieser Funktion unterstützt er Händlerkunden in der Weiterentwicklung ihres digitalen Reifegrads. Dabei liefert er strategische Beratung zur Digitalisierung bis hin zur Lösungskonzeption.

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