Kunde: Partner, nicht König!

Kundenzentrierung Kunde: Partner, nicht König!

Publiziert am 07.09.2021 von Prof. Dr. rer. pol. Nils Hafner, Professor für Kundenmanagement an der Hochschule Luzern

Jeder von Ihnen hat schon mal den Satz gehört: «Der Kunde ist König!» Das ist falsch. Das ist sogar grottenfalsch! Trotzdem taucht dieses Bild immer wieder in sogenannten Townhall-Ansprachen von Vorstandsmitgliedern auf. Damit muss Schluss sein. Und ich möchte gerne erklären weshalb.

In einer absoluten Monarchie muss ein Hofnarr das tun, was der König will. Wie sieht dieser Sachverhalt denn in unserer modernen Welt aus, in der der Kunde «König» sein sollte? Nehmen wir also spasseshalber einmal an, der König ist der Kunde, das Unternehmen ist –vereinfacht gesagt – ein Hofnarr. Was tut ein Unternehmer, wenn der König Kunde zum Beispiel mehr zu lachen haben will? Richtig: der Hofnarr fordert mehr Geld vom König , denn er leistet ja auch mehr, liefert beispielsweise zusätzliche Scherze. Das unterscheidet sich schon von der klassischen Monarchie. Und daraus lernen wir: Die Beziehung zu heutigen Kundinnen und Kunden ist eben nicht jene zwischen König und Untertan, sondern jene zwischen Partnern.

Seit Anfang der 2000er-Jahre reden wir nun in Theorie und Praxis über CRM, über Kundenbeziehungsmanagement – etwas mehr als 20 Jahre also. Die Grundidee ist es, in einer langfristigen Beziehung von den Kundinnen und Kunden zu lernen und ihnen genau das zu liefern, was sie von einem Unternehmen erwarten. Das ist heute so einfach und so günstig wie nie zuvor, denn Kundinnen und Kunden verraten viel über ihre Bedürfnisse und Ansprüche – in den sozialen Medien, auf der Unternehmenswebseite, im Chat, am Telefon und in der Filiale. Durch die fortschreitende Digitalisierung können Unternehmen anhand von Daten und Informationen schon viel von dem antizipieren, was die Kundschaft eigentlich will, noch bevor diese in einen Laden oder eine Filiale geht. Kundinnen und Kunden senden ständig Signale, wie sie sich die Beziehung mit einer Firma vorstellen.

Es geht nun darum, diese Signale zu erkennen, adäquat zu interpretieren und sie mit den Produkten und Leistungen so in Verbindung zu bringen, dass für das Unternehmen und die Kundschaft ein Mehrwert entsteht. Dabei ist es essentiell zu verstehen, dass jeder Kunde Beziehungspartner und nicht König ist. Ein König befiehlt ohne irgendeine Gegenleistung. Er hat Gelüste und befriedigt diese auf Unternehmenskosten. Er ist ja schliesslich der König. Hätte ein Unternehmen nur Könige als Kunden, wäre es bald zahlungsunfähig.

Besser funktioniert es so: Kundinnen und Kunden haben Bedürfnisse und zahlen dafür – nicht nur mit Geld, sondern auch mit Daten, Informationen oder Empfehlungen. Kundinnen und Kunden zahlen mehr, je einfacher, sicherer und stressfreier das Unternehmen sie bedient. Und auch da bietet die Digitalisierung neue Möglichkeiten, denn es geht dabei einerseits um neue Zugangspunkte für den Dialog, Touchpoints genannt. Früher haben wir von Kanälen gesprochen, doch ein Kanal fliesst immer nur in eine Richtung und ist links und rechts begrenzt. Nicht so die moderne Kundenkommunikation. Die Kundschaft erwartet, dass ein Unternehmen das, was sie ihm im Web mitgeteilt hat, auch im Shop in der 1A-Lage weiss. Und sie sucht den Dialog mit Vorliebe auf Augenhöhe und über jeden Touchpoint. Und vor allem lieben Kundinnen und Kunden alles, was Ihre Kernfragen schnell und kompetent beantwortet.

Andererseits ist es wichtig, diesen Kundinnen und Kunden an allen Berührungspunkten ein hervorragendes Erlebnis zu gewährleisten. Denn Kundinnen und Kunden wollen individualisiert angesprochen werden, jedenfalls wenn das Unternehmen ein Angebot bietet, das sich für sie in ihrer Situation lohnt. Das bedeutet, dass das Unternehmen einen guten Einblick ins Leben der Kundinnen und Kunden haben und wissen muss, was sie wollen. Vieles ist dabei auch gesunder Menschenverstand. Im E-Commerce beispielsweise sind acht Kundenfragen besonders relevant:

  1. Wo finde ich das Zeug, das ich gerade brauche?
  2. Ist mein Zeug verfügbar?
  3. Habe ich mein Zeug nun wirklich bestellt?
  4. Wo ist mein Zeug gerade?
  5. Wann kommt mein Zeug bei mir an?
  6. Das Zeug ist fehlerhaft, kaputt oder schlecht oder gefällt mir nicht mehr – wie schicke ich es zurück?
  7. Das Zeug, das ich neulich bestellt habe, was war das noch gleich? Kann ich es nochmals bestellen?
  8. Zurück zum Anfang – SCHLEIFE UNENDLICH

Nur wenn die Kommunikation auf diese Fragen einzahlt, ist sie wirklich relevant. Dann reagieren moderne Konsumentinnen und Konsumenten auch auf Werbung. Alles andere landet im Papierkorb. Merke: Man kann eine Beziehung auch totquatschen.

Realisieren Kundinnen und Kunden also, dass ein Unternehmen ihre Bedürfnisse versteht und adäquat darauf reagiert, dass es die richtigen Produkte und Dienstleistungen für sie hat und dass es sie zur richtigen Zeit darauf aufmerksam macht, werden sie zum Empfehler. Genau das muss das Ziel eines modernen CRM sein. Und das lohnt sich. Heute ist es in den allermeisten Branchen klar, dass Empfehler deutlich mehr Produkte eines Unternehmens kaufen, länger zu dessen Kundschaft gehören und es deutlich häufiger weiterempfehlen. Was bedeutet es also für die Entwicklung der Profitabilität, wenn wir durch ein überragendes Kundenmanagement aus unzufriedenen und enttäuschten Kundinnen und Kunden Empfehler machen? Laut den Analysen von Unternehmensberatungen werden Kundinnen und Kunden beispielsweise einer Retail Bank in Deutschland um bis zu 60 Prozent profitabler für die Bank. Es lohnt sich also, in die Kundenbeziehung zu investieren.

 


Die Connecta Bern wird aufgrund der aktuellen Lage auch 2021 digital durchgeführt. Die Vielfalt der Digitalisierung, die die Connecta auszeichnet, wird neben dem Connecta Blog in den Formaten Connecta TV und Connecta Talk aufgegriffen. Hier erfahren Sie mehr: www.post.ch/connecta.

 

Prof. Dr. rer. pol. Nils Hafner, Professor für Kundenmanagement an der Hochschule Luzern

Prof. Dr. rer. pol. Nils Hafner ist internationaler Experte für den Aufbau langfristig profitabler Kundenbeziehungen. Er arbeitet als Professor für Kundenmanagement an der Hochschule Luzern. Zudem ist er Autor, Key Note Speaker und Berater.

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