DeFi – Hype oder Realität?

FinTech DeFi – Hype oder Realität?

Publiziert am 04.08.2021 von Prof. Dr. Thomas Ankenbrand, Institut für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ) der Hochschule Luzern

Decentralized Finance (DeFi) nutzt die Möglichkeiten der Distributed Ledger Technology (DLT) für Finanzgeschäfte. Damit werden vertrauenswürdige und transparente Systeme geschaffen, die auf Computerprotokollen basieren und keine Intermediäre wie Finanzinstitute mehr benötigen. [*]

Die angebotenen Produkte und Dienstleistungen machen sich Smart Contracts zu Nutze, wobei vordefinierte Regeln automatisch und selbstständig durchgesetzt und alle dazugehörigen Daten von einer Distributed-Ledger-Plattform (z. B. Blockchain) gespeichert werden. DeFi-Lösungen sind in allen Bereichen des Finanzwesens zu finden, wie z. B. Kreditvergabe, Zahlungsverkehr, Handel, Anlagemanagement und Versicherungen.

Wie verhält sich Open Finance zu DeFi?

Open Finance beschreibt den Austausch von Daten und Dienstleistungen zwischen Finanzinstituten (z. B. Banken und Versicherungen) und Drittanbietern über verfügbare und veröffentlichte Schnittstellen (z. B. Open APIs), wobei der Austausch in beide Richtungen erfolgen kann. Dazu gehört zum einen die Öffnung von Finanzinstituten und Teilen ihrer Daten, die sich derzeit typischerweise auf Konto- und Depotinformationen sowie den Zahlungsverkehr beziehen, durch die Bereitstellung von Schnittstellen für vertrauenswürdige externe Drittanbieter, wie z. B. FinTech-Unternehmen. Andererseits können Finanzinstitute im Rahmen von Open Finance auch als Empfänger von Daten und Dienstleistungen von Drittanbietenden auftreten.

Es lohnt sich, die Konzepte von Open Finance und Decentralized Finance ganzheitlich zu betrachten, da sie sich in der Realität nur graduell unterscheiden, ähnliche Ziele verfolgen und auch in ihrer Funktionsweise teilweise miteinander verbunden sein können. Generell stellen Open Finance und DeFi zwei unterschiedliche Ansätze von offenen Ökosystemen für den Finanzsektor dar. Die folgende Grafik gibt einen strukturierten Überblick über die verschiedenen Konzepte und Teilnehmenden einer integrierten Architektur.

Architecture of financial ecosystems. Aus IFZ FinTech Study 2021, Seite 89.

Die Architektur unterscheidet zwischen fünf horizontalen Schichten, die über eine Application-Programming-Interface (API)-Umgebung miteinander verbunden sind (Linien in Magenta dargestellt). Die erste Schicht stellt den Kunden bzw. die Kundin dar. Das Front End ist die Schnittstelle zwischen der Kundschaft und den Anbietenden von Finanzprodukten und -dienstleistungen. Das Front End kann z. B. von einer Bank, einer Versicherung, einem FinTech, einem BigTech oder einer(m) Händlerin, Händler bereitgestellt werden. Die dritte Schicht stellt Execution & Custody dar: Die Ausführung der angebotenen Produkte und Dienstleistungen sowie die Verwahrung der damit verbundenen Vermögenswerte wird oft nicht direkt vom Front-End-Anbietenden, sondern von einer anderen Partei übernommen.

Im Falle von Open Finance wird dies typischerweise von Banken und Versicherungen übernommen, aber auch alternative Plattformanbietende wie Crowdfunding-Plattformen können diese Rolle einnehmen. Bei DeFi basiert die Ausführung und Verwahrung auf einem DLT-Protokoll. Der systematische Umgang mit Daten bildet als vierte Schicht die Basis für offene Finanzökosysteme. Dies beinhaltet die Speicherung, Analyse und Verarbeitung von Daten für die Bereitstellung von Finanzprodukten und -dienstleistungen. Die fünfte Schicht beschreibt die notwendige physikalische Infrastruktur. Die vier vertikalen Schichten auf der rechten Seite der Architektur beschreiben den Grad der Standardisierung der APIs, die die Interkonnektivität der Teilnehmenden und der verschiedenen Schichten eines offenen Finanzökosystems ermöglichen.

Angesichts der möglichen Interkonnektivität zwischen Open Finance und DeFi ist eine verknüpfte Koexistenz der beiden Ansätze wahrscheinlich. Kundinnen und Kunden können zukünftig also beispielsweise wählen, ob sie (oder ihr intelligentes Front End) gewisse Finanzgeschäfte über Banken (Intermediäre) oder über eine Blockchain abwickeln wollen. Solche Blockchain-basierten DeFi-Systeme existieren bereits. Die Volumina sind aktuell noch gering, aber mit grossen Wachstumsraten. DeFi ist somit schon heute Realität.

 

[*] Dieser Blog basiert auf einem Kapitel der IFZ FinTech Study 2021 und wird von Finnova, Inventx, SIX, Swiss Bankers Prepaid Services, Swisscom und Synpulse unterstützt.

 


Die Connecta Bern wird auch im 2021 aufgrund der aktuellen Lage digital durchgeführt. Die Vielfalt der Digitalisierung, welche die Connecta auszeichnet, wird neben dem Connecta Blog in den Formaten Connecta TV und Connecta Talk aufgegriffen. Hier erfahren Sie mehr: www.post.ch/connecta.

 

Prof. Dr. Thomas Ankenbrand

Thomas Ankenbrand ist seit 2015 am Institut für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ) der Hochschule Luzern im Bereich FinTech und Investmentmanagement tätig. Zudem ist er Gründer und Verwaltungsrat von verschiedenen Unternehmen im Finanzbereich.

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