Digitalisierung Das wahre Potenzial der Blockchain
Die Blockchain ist in aller Munde. Viele aktuelle Umsetzungen dienen reinen Marketingzwecken. Doch das wahre Potenzial ist noch ungenutzt. «Kill the middleman» – die Blockchain kann ganze Branchen umkrempeln.
Sie ist neu, aufregend und verleiht Technik- und Marketingfachleuten Schmetterlinge im Bauch: die Blockchain. Doch Liebe macht bekanntlich blind. So ist es nicht verwunderlich, dass viele heutige Blockchain-Anwendungen am Ziel vorbeischiessen.
Ein besonders absurdes Beispiel: Das Projekt, einen Impfpass in gleich fünf Blockchains zu speichern. Eine Vielzahl von Projekten verwechselt die generellen Vorteile der Digitalisierung mit der Blockchain.
Etwa in der Eventbranche. Sie bemüht sich, eine Lösung zu finden, um die Echtheit einer Eintrittskarte zu garantieren. Dabei wird vielerorts auf das Buzzword Blockchain gesetzt. Doch wie auch Michael Rapino, CEO des weltgrössten Konzertveranstalters Live Nation [1], erkannt hat, ist das Problem im heutigen Markt rein durch die Digitalisierung zu lösen, ungeachtet der dahinterliegenden Technologie. Dazu muss das Ticket einfach in einer digitalen Form vorliegen. Aufbewahrt in einem System, das mit der Herausgeberin, dem Herausgeber des Tickets kommuniziert – beispielsweise in einer Smartphone-App, die dann auf die Server der Ticketanbietenden zugreift.
Viel Macht bei der Mittlerin, beim Mittler
Das bedeutet aber nicht, dass sich das nicht ändern sollte. Denn die Konstellation ist alles andere als optimal:
Heute übernehmen die Ticketinganbietenden meist exklusiv die Rolle als Mittlerin, als Mittler zwischen Veranstaltenden und Eventbesuchenden: Sie oder er verwaltet die verfügbaren Kapazitäten, kümmert sich um den Geldfluss und stellt per Einlasskontrolle sicher, dass nur rechtmässige Besitzerinnen und Besitzer von Tickets Zugang zur Veranstaltung finden.
Dieses Set-up gibt Ticketinganbietenden viel Macht. Es ist kein Zufall, dass gerade die Ticketingbranche mit kundenunfreundlichen Kaufprozessen und hohen Zusatzgebühren einen schlechten Ruf geniesst. Die Tatsache, dass Eventbesucherinnen und -besucher keine Wahl haben, wo sie ihr Ticket kaufen, wird schamlos ausgenützt.
Die Blockchain als Vertriebskanal
Hier kommt das wahre Potenzial der Blockchain zum Tragen. Wirklich interessant wird sie nämlich dann, wenn mehrere Parteien, die einander nicht kennen, dieselben Informationen bearbeiten wollen.
Anstatt die verfügbaren Tickets einem einzelnen Mittelsmann zum Vertrieb zu übergeben, könnte ein Veranstalter sie zukünftig auf einer Blockchain öffentlich anbieten. Alle Ticketverkaufsplattformen können dieselben verfügbaren Tickets sehen und offerieren. Die Plattform, die das Ticket zuerst verkauft, markiert es auf der Blockchain als gebucht und sendet im gleichen Prozess dem Veranstalter, der Veranstalterin den Verkaufspreis in Form einer Kryptowährung zu.
Dieser Ansatz würde den Markt tatsächlich umkrempeln: Ticketplattformen könnten nicht mehr durch Exklusivität punkten, sondern müssten sich durch attraktive Konditionen für Ticketkaufende voneinander abheben. Veranstaltende ihrerseits würden von einer grossen Anzahl an Verkaufskanälen profitieren, da keine vertragliche Bindung an eine einzelne Partnerin, einen einzelnen Partner mehr besteht.
Dasselbe Konzept lässt sich auf alle Märkte anwenden, wo limitierte Kapazitäten in digitaler Form abgebildet werden können, wie Hotelzimmer oder Flugtickets.
Noch ist es nicht so weit; die heutigen Mittelsfrauen und -männer haben wenig Interesse an einer solchen Entwicklung. Treibende dieser Vision müssen darum die eigentlichen Verkäuferinnen und Verkäufer sein, also Eventveranstaltende und Hotelbesitzende. Letztlich sind es auch sie und ihre Kundinnen und Kunden, die davon profitieren.
Die Connecta Bern wird auch 2021 aufgrund der aktuellen Lage digital durchgeführt. Die Vielfalt der Digitalisierung, welche die Connecta auszeichnet, wird neben dem Connecta Blog in den Formaten Connecta TV und Connecta Talk aufgegriffen. Hier erfahren Sie mehr: www.post.ch/connecta.
- Impfpass in Blockchains
- [1] Blockchain und Live Nations (Michael Rapino) (auf Englisch)
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