Bewegtbild im Onlinehandel

Marketing Bewegtbild im Onlinehandel

Publiziert am 24. August 2021 von Christian Mossner, Co-Geschäftsführer der Ganz Supravision AG

Webshops sind heute weitgehend austauschbar und der Margendruck ist enorm. Storytelling mit Videos kann ein Instrument für emotionale Kundenbindung und Differenzierung gegenüber der Konkurrenz sein.

In den vergangenen Jahren wurden unzählige neue Onlineshops und Marktplätze eröffnet. Tatsache ist aber, dass die meisten Webshops weitgehend austauschbar sind. Zusatzdienstleistungen wie kostenloser Versand oder Zahlung auf Rechnung reichen heute kaum, um sich genügend von der Konkurrenz zu unterscheiden. Praktisch alle Handelsunternehmen beanspruchen die Preisführerschaft für sich und versuchen, mit diesem Argument zu punkten. Das führt zu hauchdünnen Margen und Kostendruck.

Ein möglicher Weg, sich von der Konkurrenz abzuheben, sind Videos, die typische E-Commerce KPIs wie Traffic, Conversion Rate, Lead-Generierung und Retention positiv beeinflussen. Im Durchschnitt verweilen Nutzerinnen und Nutzer 4,5 Minuten länger auf Seiten mit Video-Content gegenüber solchen, die nur über Bilder und Texte verfügen (Jörg Battis, 2018).

Personen, die Produkte und Dienstleistungen in einem Video in eine interessante Geschichte verpacken und diese authentisch und spannend erzählen, gewinnen die Gunst der Betrachterinnen und Betrachter. Eine solche Verbindung entsteht vor allem durch die Identifikation mit den Protagonisten beziehungsweise Geschichtenerzählerinnen. Das Publikum des Videos nimmt indirekt an den Erlebnissen und Erfahrungen teil.

Als wegweisendes Beispiel möchte ich hier den Webshop von Bea Loosli von der Ladyplanet GmbH erwähnen. In Videos redet sie authentisch und kompetent über alternative Menstruationsprodukte und Verhütungsmittel. Besucherinnen und Besucher der Webseite werden durch Bea Loosli direkt angesprochen und «abgeholt». Der Webshop ist direkt in die Webseite integriert und zu den Themen, über die Bea Loosli in den Videos spricht, gibt es die passenden Produkte zu kaufen. Visuell ist die Webseite einladend und attraktiv gestaltet und lädt zum Verweilen ein. Mit ihrem gewinnenden Auftritt wird dabei ein kognitiver und emotionaler Transfer zu den Betrachterinnen und Betrachtern hergestellt, was die Chance für Bestellungen im Webshop sicherlich signifikant erhöhen dürfte.

Screenshot Ladyplanet.ch
Quelle: www.ladyplanet.ch

Tchibo beschreitet neue Wege mit Livestreaming 

Über Livestreaming generierte Umsätze chinesischer Onlinehändler haben sich 2020 verdoppelt, Plattformen von WeChat bis Tiktok rüsten weiter auf. Auch bei uns setzen sich Unternehmen mit dieser neuen Art des Verkaufens über Livestreaming auseinander.

Dazu gehört auch die deutsche Tchibo GmbH mit Hauptsitz in Hamburg. Tchibo unterhält sowohl eigene Ladengeschäfte als auch Verkaufsregale in Supermärkten. Tchibo gehört in Deutschland zu den 20 grössten Onlineshops und gibt sich in den vergangenen Jahren als sehr experimentierfreudig im Onlinebereich. Dazu gehört nicht nur die enge Verzahnung zwischen Filialen und Onlinewelt und App, sondern auch neue Livesendungen, die wirklich erwähnenswert sind.

Darin werden neue Produkte vorgestellt: Gefilmt wird mit Smartphones im 9:16 Hochformat, da viele Kundinnen und Kunden den Tchibo-Webshop mit einem Smartphone besuchen. Auf der Webseite werden die Sendungen zu Themen wie «Sport im Freien», «Hallo Sommer» oder «Ab in die Natur» angekündigt. Die Moderation übernehmen wortgewandte, sympathische und humorvolle Verkäuferinnen und Verkäufer.

Die Produkte werden gekonnt in die Themen eingebaut und gezielt beworben. Die Protagonistinnen und Protagonisten vor der Kamera vermitteln authentische Erlebnisse, die direkt mit den angebotenen Produkten zusammenhängen. Ihre emotional vermittelten Geschichten, erzählt mit viel Witz und Lockerheit, sorgen in der Tat für kurzweilige Unterhaltung.

Screenshot Tchibo.ch
Quelle: https://www.tchibo.de/tchibo-live-c402006500.html

Die Betrachterinnen und Betrachter der Videos verknüpfen die vermittelten Geschichten dann mit ihren eigenen Erfahrungen zu den jeweiligen Themen. Das führt zu einer positiven Assoziation mit der Marke Tchibo. Letztlich ist das ein Weg zu mehr Umsätzen in Onlineshops und auch zu mehr Spontankäufen dort, wo die Konsumentinnen und Konsumenten einer Tchibo-Filiale oder einem Sales Point in Supermärkten begegnen.

Fazit: 

Der chinesische Livestreaming-Shopping-Boom kommt auch zu uns. In Eigenregie produzierte Smartphone-Videos für den E-Commerce-Shop wirken wesentlich authentischer und glaubwürdiger als extern hergestellte Videobotschaften. Menschen und ihre Geschichten machen den Unterschied.

Quellen:


Die Connecta Bern wird auch im 2021 aufgrund der aktuellen Lage digital durchgeführt. Die Vielfalt der Digitalisierung, welche die Connecta auszeichnet, wird neben dem Connecta Blog in den Formaten Connecta TV und Connecta Talk aufgegriffen. Hier erfahren Sie mehr: www.post.ch/connecta.

Christian Mossner

Betr. oec. FH, eMs in BA, arbeitet als Co-Geschäftsführer der Ganz Supravision AG. Von 2002 bis 2015 leitete er das Marketing der Canon (Schweiz) AG. Von 1997 bis 2001 war er bei der Compaq (Schweiz) AG als Business Development Manager tätig. 1998 schloss er ein Zusatzstudium an den Universitäten Bern und Rochester, New York, mit einem Executive MBA ab. Seine Marketingerfahrung erwarb er sich von 1991 bis 1996 bei der Unilever (Schweiz) AG. Seit 2011 lehrt er als Dozent für Videokommunikation an der Fachhochschule Nordwestschweiz.

Christian Mossner

Kontaktieren Sie uns

Sie haben Fragen an unsere Experten oder benötigen Beratung? Wir sind für Sie da!

Zum Kontakt