Logistik ist nicht selbstverständlich

Logistik Logistik ist nicht selbstverständlich

Publiziert am 21.07.2020 von Markus Peter, Organisator der Connecta Bern

Nie wurde uns stärker bewusst, welche Bedeutung Logistik für unser Leben hat, wie in den vergangenen Monaten. Das Coronavirus hat klar aufgezeigt, wie verletzlich die Wirtschaft ist, wenn die Lieferketten nicht mehr funktionieren.

So ganz neu ist diese Erkenntnis jedoch nicht. Bereits 2017 wurde befürchtet, dass dem Handel in den USA die Waren für das Weihnachtsgeschäft fehlen könnten, nachdem die koreanische Reederei Hanjin in Konkurs ging und Maersk finanzielle Probleme einräumen musste. Als Folge davon dümpelte ein Grossteil der Waren aus dem asiatischen Raum auf den Weltmeeren herum. Niemand konnte verlässlich abschätzen, ob die Schiffe auch die US-Häfen erreichen und die Container entladen würden.

Doch man muss gar nicht so weit in die Vergangenheit zurückblicken. Bereits wenige Tage nach Ausbruch des Coronavirus in der Schweiz waren die Lieferdienste komplett überlastet und Lebensmittelhändler wie LeShop oder Coop@home konnten ihre Lieferversprechen nicht mehr einhalten. Die verfügbaren Lieferfenster waren komplett ausgebucht. Denner schloss sogar seinen Wein-Shop, weil die Mitarbeitenden in der Intralogistik und der Belieferung der Filialen benötigt wurden.

Die Same-Day-Lieferung, die bis dahin unverzichtbar schien, spielte plötzlich gar keine Rolle mehr. Händler und Kunden waren schon froh, wenn die bestellten Waren möglichst zeitnah eintrafen.

Daraus lassen sich folgende Schlüsse ziehen:

  • Lieferketten sind äusserst fragil. Wenn nur ein einziges Zahnrad im Getriebe harzt, wirkt sich dies auf die gesamte Supply Chain aus.
  • Logistik lässt sich heute nicht mehr beliebig und vor allem nicht mehr kurzfristig skalieren.
  • Äussere Einflüsse können massive Auswirkungen auf die Logistik haben.
  • Zur Krisenplanung eines Unternehmens gehört auch die Planung von Unterbrechungen oder von Verzögerungen in der Zulieferung und im Versand.

Oder wie es Gerrit Heinemann vom Zukunftsinstitut der Hochschule Niederrhein ausdrückt: «Mit der Logistik steht und fällt alles. Wer da gut ist, liegt vorne.»

Die Herausforderungen der Logistik

Doch kehren wir wieder zurück zur Normalität. Auch hier steht die Logistik vor einigen Herausforderungen:

  • Tempo im Versand: Am Singles’ Day 2019 wurde zwölf Minuten nach Bestelleingang die erste Lieferung an den Empfänger zugestellt.
  • Verkehrsproblematik: New York City nimmt jährlich 28 Millionen US-Dollar an Verkehrsbussen ein, die von Ausliefer- und Zustellfahrzeugen stammen.
  • Nachhaltigkeit: Die Mengen an Verpackungsmaterial, die im Abfall landen, sind derart riesig, dass verschiedene Gemeinden in der Schweiz eine Entschädigung für die Entsorgung des Kartons verlangen.
  • Customer Journey: Versand ist Convenience. Wer diese am besten ausarbeitet, gewinnt.
  • Wertschöpfung: Logistik ist nicht nur eine Dienstleistung, sondern sollte als erweitertes Geschäftsfeld betrachtet werden.

Aus diesen Erkenntnissen kann man die folgenden Schlüsselfaktoren für die Logistik definieren:

  1. Der Wunsch nach einer schnelleren und vor allem komfortableren Logistik wird weiter ansteigen
  2. Ressourcenschonung wird zur Prämisse in der Logistik
  3. Schlüsseltrends wie künstliche Intelligenz, Blockchain und das Internet der Dinge werden sich langfristig in der Logistik durchsetzen
  4. Menschen werden weiterhin das Herzstück der Logistik bleiben – auch wenn Roboter die Personalstruktur in der Branche neu definieren werden
  5. Empfänger-Convenience und Speziallogistik werden zunehmend zur Herausforderung und zum Kostenfaktor

Für die Zukunft bedeutet das:

  • Logistik wird zunehmend zu einem raren Gut
  • Was nichts kostet, ist nichts wert
  • Individuelle Kundenlösungen werden zunehmen
  • Die Kunden werden die Nachverfolgbarkeit in der Lieferkette häufiger verlangen
  • Die Ansprüche der Kunden bezüglich Nachhaltigkeit steigen und neue regulatorische Vorgaben werden kommen

Händler und Versender sind deshalb gut beraten, die Logistik aktiv in ihre strategische Planung mitaufzunehmen.

Markus Peter, Organisator Connecta, Post CH AG

Markus Peter zeichnet verantwortlich für die Organisation der Connecta Bern, dem alljährlich stattfindenden digitalen Festival der Schweizerischen Post und PostFinance. Zudem ist er als Dozent bei verschiedenen Fachhochschulen tätig.

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