Zahlungen

Zahlungen Digitale Bezahlung und finanzielle Inklusion: Probleme und Herausforderungen

Veröffentlicht am 24.09.2019 durch Prof. Dr. Raghav Rao

Die mangelnde Präsenz der Bankinstitute in Entwicklungsländern stellt für die finanzielle Inklusion eine zentrale Herausforderung dar. Dank mobiler Bezahlung können Benutzer Transaktionen ohne die traditionellen Kanäle der Banken ganz einfach mit ihrem Handy durchführen, wodurch finanzielle Inklusion und Weiterentwicklung gefördert werden.

Für Nobelpreisträger Amartya Sen prägen «wirtschaftliche Einrichtungen» die sozioökonomische Entwicklung entscheidend mit. Ein altes Problem für Menschen auf der ganzen Welt ist der fehlende Zugang zu Bankinstituten. Somit stellt sich die Frage, ob eine finanzielle Inklusion überhaupt gegeben ist. Dies hängt damit zusammen, dass in Entwicklungsländern eine unglaubliche Anzahl Menschen nicht über ein Bankkonto verfügt, und damit, dass Bankfilialen in ländlichen Regionen zu wenig präsent sind. In den letzten zehn Jahren hat das Zahlen mit dem Handy hat die Entwicklung in Richtung finanzielle Inklusion in verschiedenen Teilen der Welt beschleunigt. Mit dieser Technologie können über ein Handy ganz leicht Finanzgeschäfte getätigt werden, ohne dass traditionelle Bankenkanäle notwendig sind. Einen achtbaren Erfolg gab es in Kenia mit der Einführung von M-Pesa zu verzeichnen, einer Technologie für das Zahlen mit dem Handy, die von einem Grossteil der kenianischen Bevölkerung genutzt wird, die nicht über ein Bankkonto verfügt. Ein weiteres interessantes Beispiel der Geldübertragung ohne traditionelles Bankwesen ist Coins.ph auf den Philippinen – ein Service, der auf der Blockchain-Technologie beruht. Die zugrunde liegenden Transaktionen erfolgen über Kryptowährungen, die später in Bargeld umgewandelt werden.

Neben dem leichten Zugang bietet das Zahlen mit dem Handy bei Bedarf die Möglichkeit einer schnellen Geldübertragung. Verschiedene Anbieter von mobilen Zahlungsdiensten wie Orange und Safaricom erleichtern in Ländern wie Afghanistan, den Philippinen und Kenia die schnelle Bearbeitung von Überweisungen durch Migranten, die im Ausland arbeiten und Geld in ihr Heimatland überweisen möchten. Menschen in Not, die sich während einer Naturkatastrophe an einem unzugänglichen Ort befanden, haben mittels digitaler Übertragungen ebenfalls Hilfsmittel erhalten. Bei der durch die Teilabschaffung des Bargelds in Indien bedingten Liquiditätskrise griffen Unternehmen als Alternative zum Bargeld auf Cyberwallets zurück und sicherten sich so das Überleben. Ein jüngeres Phänomen zeigt sich in Venezuela. Dort investieren die Bürger zu einer Zeit, in der das traditionelle Bankwesen einer krisenbehafteten Volkswirtschaft finanzielle Verluste erleidet, in Kryptowährungen, um der schweren Inflation entgegenzuwirken.

Von diesen erhofft man sich Inklusion und sozioökonomische Fortschritte, aber die Hürden für den Einsatz digitaler Zahlungsmittel sind hoch. Erstens ist die digitale Penetration in den meisten Entwicklungsländern noch immer äusserst gering. Zweitens sind Schwellenländer anfällig für finanzielle Verluste, und bei digitalen Transaktionen besteht die Gefahr, dass Systeme ausfallen oder man bestohlen wird. Drittens bedarf der Einsatz eines Cyberwallets eines grundlegenden technischen Verständnisses. Eine hohe Quote an fehlender digitaler Kompetenz in den Entwicklungsländern stellt ein Hindernis für deren Einsatz dar. Viertens bestehen massive Bedenken im Hinblick auf eine mögliche Überwachung. Die Benutzer befürchten, dass ihre Transaktionshistorie von Dritthändlern oder sogar vom Staat zur Überwachung missbraucht werden könnte.

Zur weiteren Verbreitung der digitalen Bezahlung ist es unabdingbar, diese Hindernisse zu identifizieren und abzubauen. Zu den jüngsten Vorteilen der künstlichen Intelligenz gehören ausgeklügelte Algorithmen zur Erkennung von Finanzbetrug. Diese könnten eingesetzt werden, um das Risiko eines möglichen Diebstahls zu reduzieren. Auch ganz wichtig: Digitale Zahlungsmöglichkeiten müssen sich nach ihrer Einführung erst einmal eine Zeit lang bewähren, bevor sie für eine grössere finanzielle Inklusion sorgen können.

Prof. Dr. Raghav Rao referiert anlässlich der Connecta Bern zu diesem Thema.

Prof. Dr. Raghav Rao, Ehrenprofessor am AT&T der University of Texas at San Antonio

Professor Rao ist Inhaber des AT&T-Lehrstuhls für Information Science and Cyber Security an der University of Texas at San Antonio. Er hat über 200 Fachpublikationen veröffentlicht. Er hat in den Bereichen Informationssysteme, Katastrophenschutz und humanitäre Hilfe sowie Cybersicherheit gearbeitet. Er war Träger eines Fulbright-Stipendiums und Ehren-Gastprofessor an der UTS in Sydney, Australien, und der Sogang University in Seoul, Südkorea.

((commentsAmount)) Kommentare

Bei der Anfrage ist ein Fehler aufgetreten.
  • (( comment.firstname )) (( comment.lastname )) (( comment.published )) (( comment.content ))

Kontaktieren Sie uns

Sie haben Fragen an unsere Experten oder benötigen Beratung? Wir sind für Sie da!

Zum Kontakt