Überwachungskapitalismus

Überwachungskapitalismus Wider den Überwachungskapitalismus

Publiziert am 02.07.2019 von Prof. Dr. Edy Portmann, Universität Freiburg

Internetkonzerne wie Google, Facebook, Amazon usw. besitzen und kontrollieren unsere Daten. Deshalb bezeichnet die Wissenschaftlerin Shoshana Zuboff diese als Überwachungskapitalisten. Überwachung kann Machtstrukturen ändern und zu Korporatokratien führen. Wie geht die Schweiz damit am besten um?

Unsere Technik – vom smarten Fernseher über die smarte Uhr bis hin zum smarten Auto – funktioniert, indem sie Daten über uns sammelt. Im Zeitalter der digitalen Transformation gehört dies mittlerweile zu den Tatsachen unseres Lebens. Allerdings stellt sich die Frage, wem diese Daten gehören. Wenn sie uns Schweizern gehören, dann haben wir, insbesondere weil wir in einer direkten Demokratie leben, die uns erlaubt, über uns und unsere öffentlichen und privaten Daten selbst zu bestimmen, kein Problem. Aber wenn die Antwort auf die Frage lautet, dass (vor allem) amerikanische Internetkonzerne wie Google, Facebook, Amazon usw. diese Daten besitzen und uns damit kontrollieren, indem sie diese auch Dritten zur Verfügung stellen, dann brechen wir mit unserer Demokratie. Der Internetaktivist Aral Balkan, der eine Ausweitung unserer Menschenrechte auf Cyborgs fordert, schätzt, dass heute fast alle unsere Daten im Besitz und unter der Kontrolle dieser Grosskonzerne sind.

Die Geschäftsmodelle dieser Konzerne bezeichnet die Wirtschaftswissenschaftlerin Shoshana Zuboff von der Universität Harvard als Überwachungskapitalismus. Sie glaubt, dass ihre zentralisierten Geschäftsmodelle, in denen Daten Öl für die Maschinerie des Kapitalismus darstellen, negative Auswirkungen haben. Sie stört sich primär an der Kollision mit Werten wie Freiheit, Demokratie und Privatsphäre, da unsere gesammelten Daten missbraucht und damit unsere Wirtschafts- und Politsysteme korrumpiert werden können. Das Problem ist, dass Überwachung Machtstrukturen ändert und zu einer Verschiebung über unsere demokratische Schweiz hinaus führt – zu einem korporatokratischen System, das von diesen Internetkonzernen und ihren Interessen kontrolliert wird. Der Autor John Perkins, der den Topplatz in der Bestsellerliste der New York Times belegte, schreibt in seinem Buch, dass Korporatokratien vor allem auf internationalen Banken, Konzernen sowie (eingeweihten) Regierungen (auf)bauen.

Wie schützen wir uns vor solchen Systemen? Alt Bundesrätin Doris Leuthard sagte einmal, dass wir in der Schweiz analog zum Bankgeheimnis ein Datengeheimnis implementieren sollten. Ich finde das eine super Idee! Dabei könnten wir dem japanischen Wabi-Sabi-Konzept nacheifern, das mehr auf Übergänge als auf starre, in der Zeit stillstehende Idealzustände baut. Mit unserer mit der Digitalisierung einhergehenden Transformation des heutigen in ein künftiges System könnten wir alternative Grundversorgungsaufträge (sowie zugehörige Geschäftsmodelle) für unsere staatsnahen Konzerne, auf die wir dank direkter Demokratie mit Vorstössen einwirken können, schaffen. Denken Sie darüber nach: Anstatt die Datenmodelle der Internetgiganten zu füttern, übernähmen wir (wieder) die Herrschaft über unsere Daten und könnten so unsere demokratischen Werte vor Korporatokratien schützen. Auf jeden Fall sollten wir Schweizer meiner Meinung nach der Digitalisierung ruhig mit Akzeptanz eines Zustands anhaltender Unvollkommenheit, also mit Wabi-Sabi trotzen.

Prof. Dr. Edy Portmann, Universität Freiburg

Edy Portmann ist Professor für Informatik und Förderprofessor der Schweizerischen Post am Human-IST Institut der Universität Freiburg. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählt das Thema Cognitive Computing sowie dessen Anwendung auf Städte. Zudem forschte er an den Universitäten Singapur, Berkeley und Bern.

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