Onlinehandel vs. stationärer Handel aus rechtlicher Perspektive

Handel Onlinehandel vs. stationärer Handel aus rechtlicher Perspektive

Publiziert am 27.11.2019 von Lukas Fässler, Rechtsanwalt und Informatikexperte, FSDZ Rechtsanwälte & Notariat AG, Zug

Die Digitalisierung hat mittlerweile unzählige Bereiche unserer Gesellschaft erfasst und beeinflusst, so u. a. auch die Art und Weise, wie wir unsere Waren ein- und verkaufen. Vermehrt löst dabei der Onlinehandel den stationären Handel ab. In diesem Blogbeitrag erfahren Sie, was der Onlinehandel darf und der stationäre Handel nicht kann.

Der Vorteil eines Onlinekaufs liegt darin, dass man keinen bestimmten Zeitraum für das Einkaufen einhalten muss (Ladenöffnungszeiten) und der Konsument somit zu jeder Tages- und Nachtzeit einkaufen kann. Als Konsument ist man froh darüber, wenn die Ware nach Hause geliefert wird und man sie somit nicht mit sich tragen muss. Will man etwas bei einem ausländischen Onlineshop bestellen, wird man oft auf die inländische Website des Anbieters umgeleitet, auf der die Preise dann häufig höher sind. In den EU- und EWR-Staaten soll mit dieser Praxis Schluss sein. Die EU-Verordnung über «Massnahmen gegen das sogenannte Geoblocking» soll diese Begrenzung gesetzlich aufheben und verbieten. Diese gilt aber nur für den EU-Raum und damit nur für Schweizer Onlineanbieter, die Konsumenten im EU-Raum bewerben und beliefern.

Nach Ansicht der Stiftung für Konsumentenschutz soll der Bundesrat auch ein solches Geoblocking-Verbot erlassen, damit die Schweizer Konsumenten im Internet zu fairen Preisen einkaufen können.

Ein zentraler Unterschied zwischen stationärem und Onlinehandel liegt aber primär im Widerspruchsrecht. In der EU ist es nicht gestattet, Waren oder Dienstleistungen an Konsumenten zu verkaufen, ohne dass ihnen ein Widerrufsrecht von 14 Tagen nach dem Onlinekauf zuerkannt werden muss. Für Schweizer Unternehmen, die im EU-Raum verkaufen, ist dies ebenfalls verbindlich. Im Gegensatz dazu hat die Schweizer Politik kürzlich wiederholt bekräftigt, dass sie kein Widerrufsrecht nach Vorbild der EU-E-Commerce-Gesetzgebung einführen will (vgl. www.konsumentenschutz.ch). Damit sind Schweizerinnen und Schweizer, die in einem Onlineshop einer Schweizer Unternehmung einkaufen, schlechter gestellt als Mitbürgerinnen und Mitbürger, die in einem EU-Onlineshop einkaufen. Das ist ein derart grosser Wettbewerbsnachteil, dass Schweizer Onlinehändler zunehmend dazu übergehen, freiwillig in ihren AGB ein Widerrufsrecht von 14 Tagen oder sogar mehr einzuräumen.

Auch bei der Bearbeitung der Personendaten im Onlineshop besteht im Moment ein massiver Unterschied zwischen den EU-DSGVO-Anforderungen, die gegenüber EU-Konsumenten (auch von CH-Online-Shopbetreibern) einzuhalten sind, und den Anforderungen, die gegenüber Schweizer Kunden gelten. So müssen EU-Onlineshopbetreiber heute gestützt auf DSGVO umfassende und transparente Datenschutzerklärungen präsentieren, die den Zweck der Personendatenbearbeitung offenlegen und insbesondere auch den Einsatz aller Cookies detailliert darstellen. Damit ist der Konsument eines EU-Onlineshops besser informiert als ein Konsument eines Schweizer Onlineshops. Kommt dazu, dass in der EU für die Bearbeitung von Personendaten der Konsumenten eine ausdrückliche Einwilligung eingeholt werden muss (insbesondere auch zum Einsatz von Cookies) oder dem Konsumenten ein jederzeitiges Widerrufsrecht bezüglich einmal erteilter Einwilligungen zusteht. Hier greift das neue schweizerische Datenschutzgesetz, das im Moment im Ständerat zur Beratung ansteht, noch nicht, weil es noch nicht in Kraft getreten ist. Dies dürfte aber bald der Fall sein, sodass Schweizer Unternehmen gut beraten sind, jetzt die Bereitstellung eines datenschutzkonformen Onlineshops auch nach dem neuen Schweizer Datenschutzgesetz an die Hand zu nehmen. Es wird wenig Zeit bleiben, nach der Inkraftsetzung des neuen Schweizer Datenschutzgesetzes die notwendigen Anpassungen im Onlineshop (Datenschutzerklärung, ausdrückliche Einwilligung durch «clickwrapping» usw.) zu implementieren. In der nationalrätlichen Debatte zum neuen Datenschutzgesetz wurde die vorgesehene Übergangsfrist von zwei Jahren vorerst ersatzlos gestrichen. Ob das auch im Ständerat eine Mehrheit findet, wird sich zeigen.

In jedem Fall besteht für Schweizer Onlineanbieter bereits heute dringender Handlungsbedarf in Bezug auf die Erfüllung der neuen Datenschutzbestimmungen (sei es die DSGVO oder das neue Schweizer Datenschutzgesetz). Packen Sie es an, bevor es zu spät ist.

Eine letzte wichtige Differenz besteht noch bezüglich der Impressumspflichten. In der Schweiz sind diesbezüglich nur Minimalanforderungen definiert, während in der EU die Impressumspflicht detailliert geregelt ist und Muss-Informationen enthält. Wenn diese nicht angegeben werden, liegt ein abmahnungfähiger Wettbewerbsverstoss vor, der Schweizer Unternehmen teuer zu stehen kommen kann.

Lukas Fässler Rechtsanwalt und Informatikexperte, FSDZ Rechtsanwälte & Notariat AG, Zug

Rechtsanwalt Lukas Fässler gilt als einer der bekanntesten und renommiertesten Informatikexperten der Schweiz mit langjähriger Praxiserfahrung. Seit 1982 befasst er sich hauptberuflich mit Informatik und Telekommunikation, Governance und Compliance von Unternehmen – insbesondere auch in Bezug auf das Informationsmanagement (Information Governance – Records Management und digitale Langzeitarchivierung).

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