Digitalisierung in der Food-Branche

Digitalisierung in der Food-Branche Nachgefragt bei Dr. Darius Zumstein

Publiziert am 17.07.2019

Die Digitalisierung hat einiges ins Rollen gebracht und vieles verändert, auch in der Lebensmittelbranche und der Gastronomie. Wir fragen bei Dr. Darius Zumstein nach.

Dr. Darius Zumstein, ZHAW School of Management and Law

LeShop und coop@home sind die zwei grössten Digital-Food-Player in der Schweiz. Kann man von einem Oligopol sprechen?

Dr. Darius Zumstein: Ja, tatsächlich spiegeln die beiden Onlinesupermärkte LeShop und coop@home das Schweizer Detailhandels-Duopol Migros und Coop wider. Die beiden Player sind auch digital schon lange präsent, erfahren und dominant. Im Gegensatz zum stationären Handel gewinnt coop@home seit Jahren an Marktanteile zu Lasten von LeShop. Es gibt aber auch zahlreiche sympathische und Nischenplayer wie z.B. mahlerundco.ch und gmuer.ch oder Abo-Box-Anbieter wie hellofresh.ch oder foodist.ch. Zudem machen neue, innovative Pure Player wie farmy.ch die Marktanteile der beiden grossen strittig, und grosse Plattformen wie brack.ch erweitern ebenfalls ihre Lebensmittel-Sortimente.

Digitale Geschäftsmodelle und Praxisbeispiele im Bereich Food (Quelle: Darius Zumstein)

Die Umsätze im digitalen Food-Handel verändern sich in der Schweiz nur noch marginal. Kann man davon ausgehen, dass der Markt gesättigt ist?

Dr. Darius Zumstein: Keinesfalls, auch bei Lebensmitteln wachsen die Onlineumsätze jährlich um 8 bis 15%. Sie machen mit einem Anteil von rund 2,5% zwar noch wenig vom gesamten Detailhandel aus, aber der Trend zum Onlineshopping und -handel schlägt sich ebenfalls im Lebensmittelbereich nieder. Davon zeugen auch die wachsenden Umsätze von eat.ch und Uber Eats – Plattformen, über die sich Kunden Speisen bequem nach Hause liefern können.

Der Anteil von Lebensmitteln, die online eingekauft werden, macht bei Kaffee, Schokolade und Wein schon bis zu einem Viertel aus. Gerade bei Lebensmitteln, die gut halt- und lieferbar sind, ist der Onlinemarkt noch längst nicht gesättigt. Im Gegenteil: Anzahl und Vielfalt an digitalen Geschäftsmodellen im Food-Bereich nehmen zu, wie die Abbildung zeigt.

In Holland und Deutschland ist Picnic mit seinem Konzept und Angebot recht erfolgreich. Wäre dieses für die Schweiz übertragbar?

Dr. Darius Zumstein: Ja, Picnic verfolgt in der Tat einen spannenden Ansatz und ist grundsätzlich auch für die kleine Schweiz übertragbar, wo die Transportwege nicht so lange sind. Dasselbe gilt für Amazon Fresh, die den Markteintritt vorbereitet. Die grosse Herausforderung liegt dabei beim Aufbau und Unterhalt der Logistik, dies gilt insbesondere bei verderblichen Lebensmitteln wie Früchten oder Gemüse sowie bei (Tief-)Kühlprodukten wie Fleisch und Fisch. Die Schweizerische Post beispielsweise liefert frisches Brot von Eichenberger werktags in den Briefkasten und erspart damit den Gang zum Bäcker. Das ist gerade für Personen attraktiv, die nicht mehr mobil sind oder wenig Zeit bzw. Lust zum Einkaufen haben.

Was wäre der Rat an einen Anbieter im Bereich Food Delivery für einen Start in der Schweiz?

Dr. Darius Zumstein: Anbieter und Food-Startups müssen die richtigen Partner auswählen. Das fängt bei den Onlineshopsystemen an und geht über die Vermarktung und Lagerung von Produkten bis hin zu deren Auslieferung und möglichen Retouren.

Gerade die Logistik ist ein Schlüsselprozess, der die Onlinelebensmittelhändler im Griff haben müssen. Dies ist insofern eine Herausforderung, weil die alteingesessenen Schweizer Detaillisten die eingespielte Logistik jahrelang aufgebaut und optimiert haben.

Kleine, digitale Food-Startups und Händler sind viel agiler als die Grossen und können schneller auf veränderte Ess- und Einkaufsverhalten reagieren. Die Schweiz braucht mehr mutige, junge und digitale Food-Startups mit innovativen Ideen, Produkten und Services.

Darius Zumstein tritt an der Connecta Bern 2019 als Referent auf.

Dr. Darius Zumstein, ZHAW School of Management and Law

Dr. Darius Zumstein ist Dozent am Institut für Marketing Management der ZHAW. Zuvor arbeitete er am IKM der Hochschule Luzern HSLU. Er unterrichtet und forscht im Bereich Digital Commerce, Digital Marketing und Digital Analytics. Mit seiner Studie «Schweizer Onlinehandel» sorgt er im E-Commerce regelmässig für Aufsehen.

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